Der ultimative Abenteuerfilm, fantastisches Popcornkino und eine liebevolle Hommage an die naiv trivialen Unterhaltungskonzepte der Schwarz-Weiß-Ära – all das ist „Jäger des verlorenen Schatzes“. Steven Spielbergs („Der weiße Hai“) begeisternder Klassiker hat all das, was große Unterhaltung ausmacht: Witz, Magie, halsbrecherische Action und einen Helden, der in seiner Mischung aus Arroganz und Charme geradewegs zur Bewunderung einlädt. Harrison Ford machte diesen Indiana Jones, der eigentlich auf den Namen Henry hört, zur Kultfigur und untermauerte jenen Starstatus, den er durch seine Mitwirkung in George Lucas „Star Wars“-Opus begründet hatte.
Lucas, der auch die Grundidee zu Lawrence Kasdans („Das Imperium schlägt zurück“, „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“) späterem Drehbuch lieferte, war der Produzent hinter Spielberg. Jeder für sich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Hollywoodgeschichte geschrieben. Dass sie zusammen einen (weiteren) zeitlosen Meilenstein schufen, mochte da niemanden verwundern. Mit von der Partie war auch Komponist John Williams, der bereits in der Vergangenheit die größten Erfolge der beiden musikalisch veredelt hatte. Mit dem Hauptthema zu Indiana Jones bescherte er seinem ohnehin glanzvollen Schaffen einen weiteren unvergesslichen Höhepunkt.
Mythisch, actionreich und selbstironisch wird der promovierte Archäologe und Abenteurer Jones in halsbrecherische Verstrickungen von erhöhter Brisanz getrieben. Denn sein 1936 von der US-Regierung gestütztes Unterfangen soll nicht weniger als das Gleichgewicht der Kräfte sichern. Ein abgefangenes Telegramm der Nazis bringt Aufschluss über Hitlers Pläne, die Allmacht verheißende Bundeslade aus der in Ägypten entdeckten Stadt Tanis bergen zu wollen. Mit der ungebetenen Hilfe von Marion Ravenwood (Karen Allen, „Starman“), in deren Besitz sich ein entscheidendes Artefakt zur Lokalisierung der Lade befindet, begibt sich Indy nach Afrika, um den Deutschen zuvorzukommen.
Über exotische Schauplätze und ein schieres Lauffeuer spektakulärer Einfälle vollzieht sich ein Wettrennen um den biblischen Fund. Jones erhält zusätzliche Unterstützung von seinem ägyptischen Freund Sallah (John Rhys-Davies, „Feuerwalze“), während der finstre Nazioberst Dietrich (Wolf Kahler, „Firefox“) auf die Hilfe von Indys französischem Kontrahenten Belloq (Paul Freeman, „Genie und Schnauze“) zählen kann. Was folgt ist ein Füllhorn brenzliger Situationen, sogenannte Cliffhanger, die bei den als Vorbild fungierenden Unterhaltungsserien für gewöhnlich das Ende einer Episode bedeuteten.
Die Frage nach dem Fortbestand des Helden, der dem nahen Tod stets in letzter Sekunde ein Schnippchen schlagen kann, wurde meist in der kommenden Woche beantwortet. So viel Zeit nimmt sich Spielberg natürlich nicht, was die gebotene Gefahrenfrequentierung jedoch in keiner Weise reduzieren würde. Indy ringt eingeschlossen in einer Grabkammer mit giftigen Schlangen, kämpft mit einem hünenhaften Nazischergen unter dem kreisenden Propeller eines Flugzeugs oder wird am obligatorischen Accessoire, der Peitsche, hängend über felsigen Grund hinter einem Laster hergezogen. Die Verschnaufpausen für Hauptfigur und Stuntmen sind denkbar kurz, was die Rasanz nährt und die Verblüffung auch nach mehr als zwei Dekaden aufrecht erhält.
In der heutigen Zeit gedreht, würde „Jäger des verlorenen Schatzes“, für dessen Veröffentlichung die amerikanische PG-13 Altersfreigabe eingeführt wurde, zweifelsfrei nicht mit derartigem Blutgehalt inszeniert. Aber auch die bisweilen ruppige Härte – nicht zuletzt der Schmelz des großen, wenn auch wenig sinnigen Finales – machen den Reiz des konsequent mit klassischen Klischees des B-Films jonglierenden Spektakels aus. Dazu kommt die augenzwinkernd gegen den Strich gebürstete Schlusssequenz, in der die Bundeslade eine gerade für Indiana Jones wenig angemessene Behandlung ereilt. Kurzum: Ein unverwüstlicher Klassiker des modernen Kinos.
Wertung: (10 / 10)