Interview mit Silverstein (Oktober 2005)

silverstein-2005Das durch namhafte Abgänge gebeutelte Label „Victory“ hat es sicherlich nicht leicht gehabt in den vergangenen Jahren, wanderten doch die erfolgreichsten Labelbands vom Schlage BOYSETSFIRE, THURSDAY oder jüngst TAKING BACK SUNDAY Richtung Major. Neue Vorzeigeband ist für viele nun SILVERSTEIN, die bereits mit ihrem Debüt „When Broken is Easily Fixed“ 2003 auf sich aufmerksam machen konnten und das im dreistelligen Tausenderbereich über die Tresen der Welt wanderte. SILVERSTEIN trafen unumwunden den damaligen Nerv der Zeit, zwei Jahre später ist der sogenannte Emo-Core zwar immer noch populär, doch im Rahmen des Hypes gibt es Bands im Überfluß. Mit ihrem Zweitwerk „Discovering the Waterfront“ jedoch trotzen SILVERSTEIN dem Hype aber und präsentierten ihrer Hörerschaft vielleicht keinen Meilenstein, dafür jedoch ein überdurschnittliches Album mit hoher Hitdichte.

Angesichts ihrer ersten Tour in Deutschland trafen wir uns mit einer gut gelaunten Band im Kölner Underground, bei der jeder Mitstreiter etwas zu sagen hatte, vor allem zum neuen Album. „Wir hatten für unser zweites Album einfach viel mehr Zeit zur Verfügung. Wir haben sogar eine Vorproduktionsphase gehabt, dies war zu „When broken is easily fixed“-Zeiten noch undenkbar. Dieses ist in relativ kurzer Zeit entstanden. Wir waren in einem großen Studio, hatten mehr Geld zur Verfügung und einen guten Produzenten. Wir haben viel härter an diesem Album gearbeitet, was man denke ich auch gut hört.“ Trotz des Erfolges des Erstlings und der mühevollen Arbeit mit dem Nachfolger scheint die Erwartungshaltung der Band jedoch eher gering zu sein, wie Gitarrist Josh meinte. „Wir haben ehrlich gesagt keine Erwartungshaltung. Dies war beim ersten Album auch schon so. Wir haben das einfach damals aufgenommen und abgewartet was passiert. Natürlich waren wir damals unglaublich happy mit dem wie es gelaufen ist, doch hat sich jetzt eigentlich in diesem Punkt nichts geändert. Ich glaube die Leute haben eine größere Erwartungshaltung als wir was „Discovering the Waterfront“ angeht.“

Aufgrund des großen internationalen Erfolges des Vorgängers war es schon ein wenig verwunderlich, dass SILVERSTEIN es bis dato nicht nach Deutschland geschafft hatten. Immer wieder war die Rede von einer Tour, letztendlich mussten die Fans aber bis jetzt warten, um ihre Lieblinge auf der Bühne deutscher Clubs zu sehen. Gemeinsam mit den Labelkollegen von SPITALFIELD touren sie derzeit in Europa und man genießt Land, Leute und vor allem Bier. „Es ist wirklich unglaublich hier. Vor allem das Bier ist toll, obwohl dies auch nicht das beste an eurem Land ist. Die Menschen sind sehr freundlich und die Konzerte, die wir bislang gespielt haben, verliefen alle großartig. Viele haben aber glaube ich Probleme uns anzusprechen, sie denken sie könnten kein Englisch oder es nicht gut genug. Aber da sollten sie uns mal Deutsch sprechen hören“, lacht ein zufriedener und bereits genüsslich Becks trinkender Neil.

silversteindiscoveringthewaterfrontDurch den Erfolg des Erstlings und die Abwanderungsbereitschaft einiger anderer Labelkollegen stellt sich zwangsläufig die Frage, wie es in diesem Punkt bei SILVERSTEIN aussieht. „Dies hat keine Priorität für uns. Aber natürlich können wir auch jetzt noch nicht sagen, wir bleiben die nächsten zehn Jahre bei „Victory“. Man wird sehen was kommt. Es kann wie man gesehen hat ja alles sehr schnell gehen. Es kommen da viele unterschiedliche Dinge zusammen, es geht denke ich nicht immer nur um das Geld. Die genauen Gründe für den Weggang von TAKING BACK SUNDAY oder THURSDAY kenne ich nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es nur am Geld liegt. Wir sind sehr zufrieden mit „Victory“ und dort sind viele befreundete Bands wie zum Beispiel SPITALFIELD, die gerade mit uns ja auch auf Tour sind. Aber auch BAYSIDE sind toll oder AIDEN, die jetzt auch ihr Album auf „Victory“ veröffentlicht haben“.

Als Teil der „Szene“ haben SILVERSTEIN über genau diese bzw. vor allem was den Hype um manche Bands in den Staaten angeht keine große Sympathie. „Es ist sicherlich noch eine Steigerung möglich, ich denke nicht, dass die Spitze bislang erreicht wurde. Wenn man sich anschaut, wie schnell manche Bands nach ganz oben kommen, dann kann man da schon Angst bekommen. Nimm FALL OUT BOY, die werden zu den neuen BACKSTREET BOYS gezüchtet. Oder auch MY CHEMICAL ROMANCE. Im letzten Jahr haben die alle noch in kleinen Clubs gespielt, nun absolvieren sie ganze Touren und spielen jeden Tag in den größten Arenen“.

Die Lockerheit und freundliche Atmosphäre versprühten SILVERSTEIN auch drei Stunden später auf der Bühne. Der Kontakt zum Publikum war ihnen auf dieser Tour besonders wichtig, nicht umsonst tippen die Mitglieder permanent auf einem ihrer Apple-Laptops rum. „Einen Sponsorvertrag mit Apple haben wir nicht, aber wir beantworten auch wenn wir auf Tour sind möglichst schnell Fanmails und schreiben auch Mails mit unseren Familien. Der Kontakt zu den Leuten ist uns wichtig.“ SILVERSTEIN präsentierten sich während ihres ersten Besuches in Deutschland bodenständig, freundlich und nahe. Ungewohnt, vor allem weil dies für die gesamte Band galt. Man scheint froh über das Ergebnis ihrer letzten Arbeit zu sein und dieses nun endlich auch einmal in Übersee präsentieren zu dürfen. Bis bald.

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