Wer hätte gedacht, dass sich aus den Trümmern der eher im kleinen Kreis bekannten 88 FINGERS LOUIE eine Band wie RISE AGAINST erheben könnte? Praktisch wie Phönix aus der Asche. Einen bereits überzeugenden Erstling namens „The Unraveling“ legte das Gespann bei Fat Wreck bereits vor. Dieser wurde aber noch gar nicht so übermäßig wahrgenommen, erst mit dem folgenden Album „Revolutions per Minute“ stieg das Interesse an RISE AGAINST. Aufmerksamkeit erregte das Quartett auch bei der Major-Industrie, bei der letztlich über Geffen das nicht minder grandiose „Siren Songs of the Counter Culture“ veröffentlicht wurde. Dass die Band ihre alten Wurzeln aber nicht vergessen hat, zeigt das Re-Release ihres Debütalbums, das neu abgemischt und mit Bonus-Songs ausgestattet ist.
Im vergangenen Sommer tourten RISE AGAINST mit ALEXISONFIRE ausgiebig auch in Deutschland, wobei nicht selten das Schild „Sold Out“ an der Eingangstür prangerte und die Band auch bei Festivals heftig abgefeiert wurde. Ein Umstand, den Sänger Tim McIlrath allerdings nicht sonderlich überraschte: „Wir wussten schon, was uns erwarten würde, als wir im Sommer nach Europa kamen. Wir hatten ja schon mal mit der Fat Tour hier gespielt und bereits dort sind wir gut aufgenommen worden. Dann waren wir ja längere Zeit nicht bei euch und mit dem neuen Album im Rücken hatten wir uns schon gedacht, dass es eine große Sache werden würde. Wir haben wirklich klasse Fans in Europa und wir freuen uns schon wieder, bei euch spielen zu dürfen. Dann im Winter im Rahmen der „Taste of Chaos“-Tour.“
Nicht wenige waren überrascht, als es damals hieß, RISE AGAINST würden nach zwei Alben bereits zum Branchenriesen Geffen wechseln, wenn auch Ihr Gang zum Major nicht solch ein Fehlgriff war wie bei anderen Bands und RISE AGAINST diesen Schritt auch nie bereuten: „Wir haben diesen Schritt nie als Fehler angesehen. Es war damals eine unglaublich große Chance für uns und ich würde diesen Schritt auch immer wieder machen. Ich kann mir schon vorstellen, dass es für andere Bands nicht so gut gelaufen ist wie für uns, aber wir haben nur gute Erfahrungen gemacht. Man lässt uns machen, was wir wollen und wir sind ja auch immer noch die gleichen Jungs geblieben. Wir haben uns dadurch, wie ich meine, nicht verändert.“
Nachdem „Siren Songs of the Counter Culture“ nun auch bereits etwa anderthalb Jahre auf dem Buckel hat, erscheint ihr Debütalbum „The Unraveling“ noch einmal in neuer Form, allerdings auch ein Anliegen der Band selbst und nicht ihres ehemaligen Plattenlabels. „Es war definitiv unsere Idee, „The Unraveling“ noch einmal zu veröffentlichen. Wir waren damals nichts so zufrieden mit dem Sound, was wir auch von einigen Leuten dann gehört haben. Wir hatten schnell die Idee, das Album noch einmal zu veröffentlichen und Mike war davon auch sehr angetan. Wir haben also das ganze Album noch einmal neu abgemischt und auch zwei Bonus-Songs sind darauf enthalten. Dies sind Samplerbeiträge, es wurden aber keine Stücke dafür neu aufgenommen. Auch diese beiden Songs wurden nur neu abgemischt.“
Insofern wird „The Unraveling“ für all diejenigen, die das Debütalbum der Band noch nicht im Schrank stehen haben, eine gute Überbrückung zum neuen Longplayer darstellen, der glücklicherweise bereits für das nächste Jahr angekündigt ist. „Wir sind mit dem Schreiben der Songs jetzt fertig und werden wieder mit Bill Stevenson ins Studio gehen. Es wird eine ganze Menge Themen geben, Bush ist auch nach der Wahl natürlich weiterhin ein Thema für uns, solange dieser Mann Präsident sein wird. Ich denke, dass unser neues Album dann im Sommer 2006 erscheinen wird.“ Nachdem „Siren Songs of the Counter Culture“ an einigen Stellen etwas eingängiger war als die beiden Vorgänger, können Aussagen über etwaige musikalische Änderungen aber noch nicht genannt werden. „Danach zu fragen ist wirklich hart. Ich weiß wirklich nicht, inwieweit sich unser neues Album anders anhören wird. Das lässt sich erst dann sagen, wenn die Stücke in der weiteren Entstehungsphase sind. Bislang stehen ja nur soweit die Texte, deswegen kann ich dazu noch nicht so viel sagen.“
Emotionaler wird Tim auf jeden Fall, wenn es um das Thema New Orleans geht, das zum Zeitpunkt des Interviews noch meterhoch im Wasser steckte und die Hilfsmaßnahmen erst langsam anliefen. „Was dort passierte und immer noch passiert, ist definitiv unser zweites 9/11. Was New Orleans dort mitmacht, kann sich wirklich keiner vorstellen. Im vergangenen Jahr wurde New Orleans noch in die Top 3 der am meist gefährdeten Katastrophengebiete der USA eingestuft und nichts ist passiert. Schau dir doch an, was dort abgeht! Bush hat schnell davon erfahren, was dort passiert und was hat er wieder einmal gemacht? Nichts! Viel zu spät wurde dort reagiert und geholfen, es hätte nicht in solch einer Katastrophe enden müssen. Bush schickt lieber seine Soldaten in den Irak, um dort aufzupassen, aber auf seine eigenen Leute zu Hause kann er nicht aufpassen. Wir mussten leider schon einen Charity-Gig für die Opfer von New Orleans absagen, werden aber definitiv Geld aus T-Shirt-Verkäufen spenden.“
Im November kommen RISE AGAINST wieder nach Deutschland, dann im Rahmen der „Taste of Chaos“-Tour mit Bands wie THE USED, FUNERAL FOR A FRIEND und STORY OF THE YEAR. Dabei werden deutlich größere Hallen die Plattform bieten, doch vielleicht kann man dann auch schon den einen oder anderen Song des kommenden Albums hören.