Interview mit Of Mountains & Seas (Mai 2018)

Stellt OF MOUNTAINS & SEAS und die dahinter stehenden Köpfe doch einleitend kurz vor.

Torben: Unsere Band besteht aus drei Mann: Steffi sitzt hinterm Schlagzeug und lebt in Vorarlberg, Alex versucht sich am Bass, wohnt in Bamberg und ich bin Torben, spiele Gitarre, singe und wohne in München.

Ursprünglich stammen wir alle drei aus derselben Ecke von Unterfranken. Steffi und ich kennen uns schon seit der dritten Klasse. Er hat in Bands gespielt, ich habe in anderen Bands gespielt, wir haben zusammen gespielt… Alex kenne ich auch bestimmt schon 20 Jahre. Wir haben zusammen in einer Band namens INNOCENT ARREST gespielt.

Angefangen haben wir mit OF MOUNTAINS AND SEAS – oder kurz: OMAS – in einer Vier-Mann-Besetzung, aber Schichtarbeit, Kinder, diverse Umzüge und die Tatsache, dass wir doch ein bisschen voneinander entfernt leben, haben uns bald auf eine Drei-Mann-Combo schrumpfen lassen. Es ist leichter zu koordinieren. Wir brauchen zwar trotzdem für alles immer ein bisschen länger, aber wenn man will, geht es schon.

Eure Ende 2017 veröffentlichte EP „Dracula“ ist ein Schmankerl für Vinyl-Junkies. Wie kam es zu der Idee mit dem als Aufnäher verwendbaren Cover?

Torben: Ich hatte Alexander, einem alten Freund von uns, erzählt, dass wir die Songs gerade zum Mischen und Mastern geschickt hatten und quasi nur noch ein Cover bräuchten. Eigentlich wollte ich lediglich einen Flyer drucken lassen und den als Umschlag verwenden, aber Alexander hat mir dann von irgendjemandem erzählt, der einen Stoffeinband hat machen lassen, den man dann als Patch verwenden konnte.

Ich weiß leider nicht mehr, wer das war, aber ich fand die Idee cool. Das Stoffcover kostete dann fast so viel wie das Pressen der Platte, weswegen wir lange überlegt hatten, ob wir es machen sollten oder nicht, aber im Nachhinein bin ich ganz froh darüber, dass wir uns dafür entschieden haben.

Ungeachtet der einfallsreichen Aufmachung soll die Musik natürlich nicht in den Hintergrund rücken: Was könnt ihr zur Entstehung der vier Songs erzählen?

Torben: Die Songs sind nicht alle aus derselben Zeit. „Something Good“ hatte ich mal als Opener für Live-Shows angedacht. Quasi als kurzer knackiger Einstieg, um die Stimmung ein bisschen anzukurbeln. Es kam uns jetzt ganz gelegen, dass der Song relativ kurz ist, somit ging sich das mit der Spielzeit der 7“ ganz gut aus.

„Dracula“ ist eine Bubblegum-Pop-Nummer, die mir mal beim Wandern eingefallen ist. Das ganze Ding besteht eigentlich nur aus zwei Akkorden und läuft einfach schön dahin. Der Song ist schon fröhlich, aber der Text geht um ein eher ernstes Thema.

„Disappear“ fing mit der Basslinie von Alex an und hat deswegen einen schönen Groove. Umso wichtiger ist es, das Stück im richtigen Tempo zu spielen, was live bedeutet, dass unser Drummer die Zügel etwas kürzer nehmen muss, um alles im Zaum zu halten.

„Lovesongs“ hatte Steffi schon für unsere Vorgängerband geschrieben und wir wollten es einfach nochmal ordentlich aufnehmen. Das ist eins der ältesten Stücke, die wir haben.

Musikalisch verbindet ihr verschiedene Spielarten des Punk. Welche Bands und Künstler betrachtet ihr als eure Inspirationsquellen?  

Torben: Da bringt jeder aus seinen Vorlieben ein bisschen was ein, aber es gibt schon Bands, die wir alle drei gut finden. Wenn einer eine Song-Idee zur Probe mitbringt, kommen meistens gleich bestimmte Referenzen mit dazu, je nachdem, was derjenige gerade so hört. „Ich habe mir hier so einen … mäßigen Gesang vorgestellt“ oder „Hier müsste jetzt so ein … mäßiger Part kommen“ etc.

Das geht quer durch verschiedene Epochen. DESCENDENTS/ALL kann Alex in seinem Bassspiel nicht verleugnen. HOT WATER MUSIC, SAMIAM, FUGAZI, LEATHERFACE, BOUNCING SOULS, SHOOK ONES, KID DYNAMITE… Und es kommen immer wieder neue Sachen dazu, von denen man inspiriert wird. Aktuell sind RVIVR, IRON CHIC, NOT ON TOUR, BRUTAL YOUTH Sachen, die wir gerne hören.

Wie waren die bisherigen Resonanzen auf die EP – und natürlich die Vinyl-Version?

Torben: Bis jetzt überraschenderweise eigentlich ziemlich gut. Man ist ja immer mit Selbstzweifeln behaftet, wenn man der Öffentlichkeit etwas Eigenes präsentiert, aber bis jetzt können wir uns nicht beklagen. Und völlig abgefahren war es für mich, dass Leute tatsächlich über unsere Bandcamp-Seite Vinyl bestellt haben. Das hat uns richtig gefreut.

Wenn ihr Vampirfürsten nicht gerade Verhaltenstipps erteilt: Womit setzt ihr euch textlich auseinander?

Torben: Das ist ganz unterschiedlich. Oftmals entstehen die Texte aus dem ersten Kauderwelsch, dass ich im Proberaum singe. Dann überlege ich mir, was das heißen kann und schreibe dann einen entsprechenden Text dazu. Texte schreiben ist für mich wirklich schwer ist. Es soll ja nicht der billigste, platte Schund sein, so dauert das auch oft sehr lang.

Bei „Dracula“ geht es zum Beispiel eigentlich darum, dass man sich um seine Freunde kümmern muss, auch wenn das manchmal schmerzhaft sein kann. Die Vampirgeschichte ist nur das Mäntelchen, in welches das Thema gehüllt ist.

In letzter Zeit entstehen oft Texte, die darum gehen, die Zeit, die wir haben, zu nutzen. Das bezieht sich dann auf unterschiedliche Themen, aber eben oft mit diesem Hintergrund. Ich werde halt auch nicht jünger.

Im Zeitalter von Internet und Online-Netzwerken: Erhält der DIY-Gedanke nach eurer Ansicht eine stärkere Bedeutung oder ist die Eigenverantwortung durch den technischen Fortschritt schlicht einfacher geworden?

Torben: Puhhh. Es ist einfacher geworden, Musik selbst aufzunehmen und zu veröffentlichen.

Ob das immer gut ist, weiß ich nicht.

Ist die Bedeutung von Labeln für den Musikmarkt nach eurer Ansicht gesunken – und wie erstrebenswert ist für euch die Kooperation mit einem Produktions- und Vermarktungspartner?

 Torben: Ich denke Labels sind immer noch wichtig. Labels haben im besten Fall Ahnung von dem, was sie tun und sie haben Connections. Das macht vieles einfacher, als alles selbst machen zu müssen. Gerade wenn man physische Tonträger rausbringen will, muss man einige Dinge beachten und da ist es schön, Leute mit Erfahrung an der Seite zu haben.

Außerdem hat man auf einem Label auch gleich Label-Kollegen und kann mal eine Tour zusammen spielen oder sich eine andere Meinung einholen. Kleinere Labels haben etwas Familiäres und man hat mit seiner Musik einen gewissen Rückhalt, das finde ich schön. Finanzielle Interessen verfolgen wir mit unserer Musik keine, deswegen spekulieren wir auch auf keinen dicken Plattenvertrag. Aber aus oben genannten Gründen wäre es schon schön, bei einem Label unterzukommen.

Viele DIY-Bands stellen ihr Songmaterial kostenlos im Internet zur Verfügung. Wie steht ihr dazu?

Torben: Wir finden das gut. Unsere erste EP steht inklusive Artwork auf unserer Bandcamp-Page schon immer kostenlos zur Verfügung. Es ist eine großartige Möglichkeit, seine Musik zu verbreiten und möglichst viele Leute zu erreichen. Unsere neue Scheibe ging jedoch ganz schön ins Geld und so dick haben wir es auch nicht, weswegen wir zumindest einen kleinen Obolus dafür verlangen.

Ihr nehmt aktuell neue Songs auf. Was ist vom neuen Material zu erwarten und in welcher Form wird es (voraussichtlich) wann erscheinen?

Torben: Das wird natürlich großartig! 😀 Die Songs sind durch die Bank eher auf der fröhlichen Seite. Wir peilen so um die zehn oder mehr Stücke an, die auch größtenteils fertig sind.

Gerne würden wir die Sachen wieder auf Vinyl veröffentlichen, aber das hängt von unseren Finanzen ab und ob wir vielleicht ein bisschen Unterstützung bekommen. Wie schon gesagt, dauert bei uns alles immer etwas länger, da wir an verschiedenen Orten leben. Ich hoffe, dass wir es Ende diesen, Anfang nächsten Jahres hinkriegen.

Auch wenn ihr keine politische Band seid: Was lösen der anhaltende Rechtsruck in Europa, AfD-Polemik und Heimatminister Horst Seehofer in euch für Gefühle aus?

Torben: Brechreiz. Als Punkrock-Band kann man nicht unpolitisch sein. Wir sind mit Bands wie BLACK FLAG, DEAD KENNEDYS, MINOR THREAT und so weiter groß geworden. In selbstverwalteten  Jugend- und Kulturzentren, wo so viele DIY-Konzerte stattfinden, geht es traditionell politisch zu und das ist gut so.

Unter den neuen Songs ist einer, der „Fight Back“ heißt und daran erinnern soll, dass wir uns nicht einlullen lassen sollen, sondern immer wieder gegen jegliche Form von rechtem Gedankengut ankämpfen müssen. Wir müssen im Alltag aufpassen, was um uns herum geschieht. Du unterhältst dich mit einer Kollegin oder einem Kollegen, mit dem du schon lange zusammenarbeitest und auf einmal kommt eine Aussage, die dich stutzig macht und du merkst, da läuft was in die verkehrte Richtung. Da muss man gegensteuern.

Aber man kann auch nicht immer nur ernst und verbissen sein. Man muss auch mal Spaß haben, sonst wird man kraftlos und verbittert. Also tragen auch die Songs, die im ersten Moment vielleicht nicht so politisch anmuten dazu bei, dem Rechtsruck und deren Vertretern entgegen zu treten.

Nachher geht es auf die Demo gegen das neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern.

In welcher Regelmäßigkeit kann man euch live erleben?

Torben: Wir tun, was wir können. Vielleicht kriegen wir dieses Jahr noch ein oder zwei Weekender zusammen und was sich so an einzelnen Gigs ergibt. Eine kleine Tour wäre schön, aber da müssen wir gucken, wie sich das ergibt.

Wer sich von eurer Musik überzeugen möchte oder einfach den Kontakt zu euch sucht, der möge…

Torben: …auf unserer Bandcamp-Seite ofmountainsandseas.bandcamp.com oder auf www.facebook.com/ofmountainsandseas/ vorbeischauen und uns da gerne eine Nachricht zukommen lassen oder direkt an omas.band@gmail.com schreiben.

Was sind eure Pläne für den Rest von 2018?

Torben: Wandern, Lesen, Fahrrad fahren, Jazz spielen lernen 😉  Außerdem sind Steffi und ich dieses Jahr auch wieder auf dem Punkrock Holiday zu finden.  Aber natürlich auch so viele Gigs spielen, wie es unsere Zeit zulässt und neues Material aufnehmen.

Die letzten Worte gehören ebenfalls euch:

Torben: Wir wollen uns bei dir für das Interview bedanken! Es ist cool, dass es Fanzines wie HandleMeDown gibt. Du hast ja viel um die Ohren und machst das trotzdem. Wir wissen, wie das ist und sagen: Danke, Thomas!

An alle anderen: Hope to see you at the show!

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