Interview mit Nicole von Go Kart Records (Mai 2004)

Nachdem das US-Label “Go Kart” vor wenigen Wochen nun auch eine Bastion in Übersee, sprich in Europa, errichtete, gab es eigentlich im Wochentakt neue Nachrichten über Veröffentlichungen und Neuzugänge des sympathischen Labels. Als neuesten Coup konnte man in diesen Tagen weiteren Zuwachs in Form der Holländischen Punkband BAMBIX bekannt geben, die noch in diesem Herbst ihr neuestes Album via „Go Kart“ veröffentlichen werden. Europa-Cheffe Nicole stand uns freundlicherweise für einige Fragen zur Verfügung, um mal ein wenig mehr über das Label und was dahinter steht zu erzählen.


Erzähl doch bitte zu Beginn wie alles mit „Go-Kart“ angefangen hat und welche Personen sich dahinter verbirgen.

Go-Kart Records gibt es nun schon seit ca. 10 Jahren und angefangen hat es damit, dass Greg davon überzeugt war, weder reich noch berühmt sein zu müssen, um ein Plattenlabel auf die Beine zu stellen. Von Anfang an war dabei die Devise, sich nicht an aktuellen Trends zu orientieren, sondern einfach die Bands herauszubringen, deren Musik man mochte und wo die Chemie auch auf persönlicher Ebene stimmte. Ja, und darunter waren dann u.a. Bands wie ANTI-FLAG, GBH oder die LUNACHICKS. Mittlerweile haben wir jetzt 3 Offices. Big Boss Greg ist vor kurzem nach Los Angeles gezogen und arbeitet von dort aus. Aber das Go-Kart Office in New York ist deshalb nicht verwaist – neben ständig wechselnden Praktikanten arbeiten dort fest mit Melissa, Crystal und Neil insgesamt drei Leute. Ja, und dann nicht zu vergessen unser Go-Kart Europe Office, das es gerade erstmal seit April gibt und in dem Rafi, David und ich unser Unwesen treiben.

Habt Ihr beruflich schon immer mit Musik zu tun gehabt oder wie seit Ihr dazu gekommen?

Na ja, beruflich gesehen war das nicht unbedingt so, zumal die meisten von uns bis vor kurzem noch studiert haben. Das Interesse an der Musik rührt daher schwerpunktmäßig aus dem privaten Bereich. David beispielsweise betreibt schon seit 8 Jahren das Enough Fanzine und veranstaltet Konzerte, bei denen wir alle ordentlich mithelfen. Alles in allem verbindet uns mit der Musik mehr als nur der Beruf, vielmehr ist sie ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens im Allgemeinen.

„Go-Kart“ existiert nun bereits seit etwas über zehn Jahren. Wie seht Ihr den Status des Labels inmitten der Vielzahl von Punkrock-Labeln auf der Welt?

Das Musikbusiness ist ein hartes Geschäft und ich schätze allein die Tatsache, dass ein so kleines Label wie Go-Kart schon seit 10 Jahren existiert, spricht für sich. Ich denke, Go-Kart hat sich mittlerweile einen Namen gemacht und ist innerhalb der Punk-Gemeinde doch schon fast eine Art Kult-Label. Zumindest ist das auch das Gefühl, was man durch die Kommunikation mit Bands und Presse vermittelt bekommt. Und das lässt doch auf jeden Fall auf die Zukunft hoffen.

Nach welchen Kriterien wählt Ihr die Bands mit denen Ihr arbeitet aus? Musikalisch kann man „Go-Kart“ wie ich finde ja nicht genau festlegen.

Genau das soll ja auch nicht Sinn der Sache sein und in der Beziehung ist sich Go-Kart auch immer treu geblieben. Prinzipiell bringen wir die Bands raus, deren Musik uns selbst gefällt und hinter der wir zu 100% stehen können. Deshalb findest du auch unter den ganzen Releases alles von Hardcore über Metal bis hin zu Punk-Pop. Von daher haben wir also keine festgefahrenen Kriterien, nach denen wir die Musik aussuchen und genau das ist es, was Go-Kart ausmacht.

Überall versucht die Industrie illegales Downloaden zu unterbinden. „Go-Kart“ ist genau den umgekehrten Weg gegangen und hat etliche aktuelle Alben zum freien Download auf ihrer Homepage angeboten sowie die erste MP3-Compilation „Go-Kart MP300 Raceway“ veröffentlicht. Warum dieser Weg und sind ähnliche Aktionen auch in Zukunft geplant?

Wir sind der Meinung, dass man dahingehende Entwicklungen auf Dauer nicht aufhalten kann. Und ich glaube kaum, dass die Leute mehr Platten kaufen, wenn die Preise ständig in die Höhe getrieben werden und sie Geschichten hören, in denen die Plattenindustrie sogar die Oma von nebenan verklagen würde. Wir glauben fest daran, dass – vorausgesetzt ihnen gefällt, was sie hören – die Kids sich trotzdem die Original-CD oder auch Vinyl kaufen werden. Denn am Ende will man doch auch das Booklet in der Hand haben und die Texte lesen. Der MP300 war der erste Schritt und auch die „Downloading Is not A Crime“-T-Shirts werden doch rege bestellt. Und wir werden auch in Zukunft unsre Alben auf unserer Seite streamen, da wir glauben, dass wir damit auch Leute erreichen, die die Musik vorher noch gar nicht kannten und damit unseren Bands die Chance bieten, neue Leute zu erreichen.

Wie war die Resonanz von Seiten anderer Labels oder Firmen darauf, da dies ja doch gegen die landläufige Entwicklung gerichtet ist?

Während die Kids und auch die Presse fast durchweg begeistert waren, haben wir doch von der Geschäftsseite her zu spüren bekommen, dass wir unserer Zeit etwas voraus sind. Viele Geschäfte hatten Probleme, den Sampler innerhalb ihrer Läden zu positionieren oder sahen in ihm gar eine Gefahr, weshalb sie nur zögerlich darauf reagiert haben. Dennoch soll dies den Erfolg nicht schmälern, denn der MP300 verkauft sich nach wie vor gut. Und wir hoffen immer noch, dass dies langfristig gesehen ein Anstoß in die richtige Richtung war und auch andere Labels erkennen, dass sie ihre Sichtweise verändern müssen, da sich die Welt auch ohne sie weiter dreht.

Vor kurzem hat Euer Europäischer Aussenposten in Mannheim seine Pforten geöffnet. Stand es schon lange fest auch für Europa ein Büro zu eröffnen um so näher am Markt dran zu sein?

Langfristig geplant war das ganze wohl nicht. Aber Go-Kart ist nun mal ein kleines Label und von einem Standort in New York aus hat man nicht den besten Einfluss darauf, was in Europa so passiert, wobei gerade auch die Zeitverschiebung eine große Rolle spielt. Und Europa ist nun doch ein großer Markt für unsere Musik, dessen Potential bei weitem nicht ausgeschöpft ist, wie wir glauben. Das Office in Mannheim hat sich einfach angeboten. David und ich arbeiten schon seit geraumer Zeit für Go-Kart und waren auch schon des Öfteren über einen längeren Zeitraum hinweg in den Staaten. Und da ich grade eben mit meinem Studium fertig geworden bin, hat sich das einfach ergeben.

Wie viele Leute sind für „Go-Kart Europe“ im Einsatz und wie war bisher die Resonanz darauf?

Wir sind insgesamt zu dritt. Die Resonanz war bisher durchweg positiv. Ich glaube, es ist vor allem auch für unsere ganzen Partner (Distributionen, Presse) einfacher, da die Zuständigkeiten so viel besser verteilt sind. In Zukunft hoffen wir natürlich, dass sich diese Kontakte weiter ausbauen.

Was darf man von „Go-Kart Europe“ noch erwarten? Wie man lesen kann werdet Ihr ja nicht nur die bisherigen Bands des Labels hier vertreten und deren Alben veröffentlichen sondern auch neue Bands von hier signen.

Wir werden zwar auch weiterhin die Releases in den Staaten unterstützen, uns aber hauptsächlich auf Europa konzentrieren und deshalb auch ‚eigene’ Bands herausbringen, die nur in Europa oder auch nur im deutschsprachigen Raum (wie bspw. DUESENJÄGER) veröffentlicht werden. Wie gesagt wir sehen in Europa einfach einen Markt mit großem Potential, das von unserer Seite noch lange nicht ausgeschöpft ist. Und das wollen wir mit unserem Office hier in Mannheim nutzen. Wir haben etliche Releases geplant, auf die wir sehr, sehr stolz sind. Wie du vielleicht schon gehört hast, ist unser letzter Release das neue Album „Subliminable Messages“ von TEN FOOT POLE aus Kalifornien gewesen, mit dem sie ja auch gerade auf großer Europatour waren, die sehr erfolgreich verlaufen ist. Ende Juli soll dann die erste Full-Length CD und LP „Las Palmas OK“ von DUESENJÄGER aus Osnabrück und außerdem die Live-CD „Hallowmas Live At North Six“ von THE WORLD/INFERNO FRIENDSHIP SOCIETY herauskommen. Des Weiteren sind geplant die LP/CD „0“ der holländischen Band TRANSMISSION0, eine Mischung aus NEUROSIS; ISIS und CULT OF LUNA. Die Musik ist so kraftvoll, dass sie einen völlig wegbläst! Ja, und unser neuester Coup ist natürlich BAMBIX, deren neue CD „Club Matuchek“ im September rauskommen soll. Du siehst also, wir haben viel vor 😉

Ihr habt ja schon Alben für einige namhafte Bands veröffentlicht, als diese noch nicht so bekannt waren. Ich denke da zum Beispiel mal an ANTI-FLAG. Besteht zu diesen noch ein freundschaftlicher Kontakt oder bricht so etwas meist im Laufe der Zeit ab?

Das ist vollkommen unterschiedlich. Manche Bands verliert man aus den Augen, zu anderen wiederum behält man ein besonderes Verhältnis. Das ist von Band zu Band verschieden. Generell ist es aber immer interessant zu wissen, wie es mit den Bands nach Go-Kart weitergeht. Schließlich wünscht man ihnen nur das Beste.

„Go-Kart“ gibt es nun seit über zehn Jahren, wo wollt Ihr in den nächsten Jahren noch hin?

Ich denke, unser Ziel besteht auch weiterhin darin, mit den Künstlern zusammen zu arbeiten, hinter denen wir zu 100% stehen können und die uns jeden Tag auf’s Neue zeigen, dass sie die Arbeit Wert sind! Es soll also auf jeden Fall auch in Zukunft abwechslungsreich bleiben!

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