Interview mit Choke On Me (November 2017)

Stellt CHOKE ON ME und die beflissenen Individuen dahinter doch einleitend kurz vor.

Klaus: CHOKE ON ME bestehen aus Claus (Gesang, Gitarre), Connie (Bass, Gesang), Dr. Bum Bum (Drums) und mir (Gitarre). Wir sind allesamt keine Jungspunde mehr, haben allerlei Erfahrungen in diversen anderen Bands gesammelt und sind durch Freundschaft und der Liebe zur Musik verbunden.

Die unlängst abgehaltene Nationalratswahl in Österreich hat den bedenklichen Rechtsruck in vielen europäischen Ländern bestätigt. Wie bewertet ihr die aktuelle Entwicklung, sowohl in eurer Heimat als auch anderen Regionen?

Claus: Es gibt in einer globalisierten bzw. sich rasch verändernden Welt ganz einfach Konfliktpotential. Wer da nicht mit will, oder aber – möglicherweise durch mangelnde Bildung – nicht mit kann, bleibt über. Die Antwort ist dann oft eine Rückbesinnung auf die „gute alte Zeit“ und jene „Werte“, die man meint mit der guten alten Zeit zu verbinden.

Der Österreicher/die Österreicherin an sich scheut glaube ich Veränderung, hat größtenteils Angst vor dem Fremden. Die Rechte bietet einfache Antworten zu komplexen Sachverhalten, bedient sich der Emotionen und der niederen Instinkte, während die österreichische Linke – meiner Ansicht nach – nicht mal die Frage verstanden hat.

Mit „Nicht mit mir“ präsentiert ihr auf eurer jüngsten EP „Brain Freeze“ einen politischen Song in deutscher Sprache. Lassen sich derartige Botschaften in der Landessprache einfacher transportieren oder hat die Abkehr vom sonst englischen Gesang andere Gründe?

Claus: „Nicht mit mir“ ist einem bestimmten Schlag von Menschen gewidmet. Jener Art von Mensch in der österreichischen Gesellschaft, der – wie eben beschrieben – Angst vor jeglicher Veränderung, eine Sehnsucht nach dem starken Mann hat. Ich hatte beim Schreiben des Songs den „Gabalier-hörenden-Bierzeltpatrioten“ im Kopf. Da ist es dann natürlich naheliegend, in deutscher Sprache zu singen, auch um Missverständnisse zu vermeiden.

Was „Brain Freeze“ prägt, ist die Vielfalt an Einflüssen, die neben klassischem Punk auch Raum für Hardcore, Pop und Rock n‘ Roll schafft. Wie sieht der Entwicklungsprozess von neuem Songmaterial bei euch aus?

Claus: Vielen Dank! Ich denke wichtig bei CHOKE ON ME ist, dass jedes Bandmitglied gleichberechtigt Ideen einbringen kann und auch einbringt. Dadurch, dass wir also in der glücklichen Lage sind, mehrere Songwriter in der Band zu haben, entsteht auch ein gewisser Stil-Mix, der mit Sicherheit auch manch Hörerin/manchen Hörer abschreckt.

Ich bin immer wieder verwundert, wenn Menschen nach Konzerten auf uns zukommen und meinen, es wäre ihnen zu viel an verschiedenen Einflüssen gewesen. Dabei dachte ich immer, dass genau DAS der Sinn von Punk ist: Mach wozu du Lust hast, lass deiner Kreativität freien Lauf, lass dich nicht einschränken und in eine Schublade stecken!

Klaus: Der oftmals vermisste rote Faden geht mir überhaupt nicht ab. Im Gegenteil, ich finde nichts langweiliger als Bands, bei denen ein Lied wie das andere klingt.

Wo liegen eure musikalischen Wurzeln und von welchen Bands und Künstlern seht ihr euch am stärksten geprägt?

Klaus: Nach GUNS N ROSES und NIRVANA kam bei mir Skatepunk und ich war von Bands wie NOFX, PROPAGANDHI oder OPERATION IVY begeistert. Später kamen auch ältere Sachen wie THE CLASH oder ADOLESCENTS hinzu und in jüngerer Vergangenheit auch ruhigere Sachen wie HIGH DIVE oder ELEMENT OF CRIME. Von welchen Künstlern man dann tatsächlich beeinflusst wird, ist schwer zu beurteilen. Es kommt halt einfach das raus, was rauskommt.

Ihr habt „Brain Freeze“ in Eigenregie aufgenommen. Was könnt ihr über den Produktionsprozess der EP berichten?

Klaus: Dr. Bum Bum ist soundtechnisch recht fit und hat in seinem Keller entsprechendes Equipment herumliegen. Wir haben uns dann ein paar Wochenenden bei ihm eingeschlossen und die Songs aufgenommen. Uns war wichtig, dass der Sound authentisch ist und nicht zu glattgebügelt wird.

Dr. Bum Bum: Ohne lange zu faxen, kostengünstig aufgenommen und mit schlechten Ohren gemischt.

Erhält der DIY-Gedanke im Zeitalter von Internet und Online-Netzwerken nach eurer Ansicht eine stärkere Bedeutung oder ist die Eigenverantwortung durch den technischen Fortschritt schlicht einfacher geworden?

Claus: Das ist eine gute Frage, auf die ich aber keine Antwort habe; wahrscheinlich deshalb, weil ich aus einer Generation komme, die knapp noch ohne Internet aufgewachsen ist. Ich bin 36 Jahre alt und habe die DIY-Szene noch anders kennengelernt, habe noch Fanzines im A5-Format schwarz/weiß handkopiert und auf Konzerten verkauft. Klar ist es jetzt einfacher, Musik zu machen, aufzunehmen und zu verbreiten. Ich wage aber zu bezweifeln, dass es auch einfacher geworden ist, tatsächlich Gehör zu finden.

Wie bewertet ihr die gegenwärtige Bedeutung von Labeln als operative Band-Dienstleister –  und wie erstrebenswert ist für euch die Kooperation mit einem Produktions- und Vermarktungspartner?

Klaus: Der Einfluss von Labels ist inzwischen sicher nicht mehr so groß wie er einst war, trotzdem kann es extrem hilfreich sein, von einem Label unterstützt zu werden. Allein schon durch das vorhandene Netzwerk und die Kontakte zu Presse, Veranstaltern, usw. Nachdem es aber heute für ein Label fast unmöglich ist, mit einer Band zu arbeiten, die nicht ständig auf Tour ist und auf Konzerten ihre Tonträger verkauft, haben wir uns erst gar nicht die Mühe gemacht, eines zu suchen, da wir das ohnehin nicht leisten könnten bzw. wollen. Für uns ist die Band ein schönes Hobby und wir verspüren zum Glück nicht mehr den Drang, damit berühmt werden zu wollen.

Viele DIY-Bands stellen ihr Songmaterial kostenlos im Internet zur Verfügung. Was ist eure Meinung dazu?

Claus: Ich finde das okay, machen wir selbst auch so, schließlich will man ja gehört werden. Persönlich höre ich kaum Musik im Internet, gerade mal, wenn ich in ein neues Album einer Band reinschnuppern will. Wenn es mir gefällt, hole ich mir dann eher, sofern möglich, die Platte. Als Plattensammler halte ich lieber etwas in Händen, was ich mir dann daheim ins Regal stellen kann.

Wie waren die bisherigen Resonanzen auf „Brain Freeze“?

Klaus: Das eigene Baby ist ja immer das schönste, daher rechnet man naiverweise auch mit guten Kritiken. Wir waren dann aber doch überrascht, dass die paar Rezensionen, die wir bekommen haben, durchwegs positiv waren.

Dr. Bum Bum: Die Resonanzen haben zu einem argen Feedback geführt.

Was sind eure Pläne für den Rest von 2017?

Klaus: Wir werden jetzt mal aus privaten Gründen eine längere Pause einlegen und uns hoffentlich danach wieder in alter Frische zurückmelden.

Wer mehr über CHOKE ON ME erfahren möchte, der…

Klaus: …kann unsere diversen Social-Media-Kanäle durchforsten oder sich auch gerne per Fax direkt bei uns melden.

Und auch die letzten Worte dieser digitalen Fragerunde gebühren euch:

Klaus: Ein kluger Baseballspieler hat mal gesagt: “Never let the fear of striking out keep you from playing the game.”

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