Inferno – Horror Infernal (I 1980)

AV_Inferno_DVD_.inddDie junge Rose lebt in einem New Yorker Apartmentgebäude in Nachbarschaft des alten Antiquitätenhändlers Kazanian (Sascha Pittoef). In seinem Laden wird sie auf „The Three Mothers“ aufmerksam, ein altes Buch, welches von drei grausamen Hexen-Müttern handelt, die in Freiburg (Mater Suspirium), Rom (Mater Lacrimarum) und die jüngste von ihnen sogar in New York (Mater Tenebrarum) leben sollen. Das Buch besagt, dass der Architekt Varelli in jeder dieser Stadt für die Hexen ein Domizil gebaut hat. Weiterhin erfährt Rose, neben spezifischen Merkmalen, an denen man die Häuser erkennen kann, was die Schlüssel zu den Geheimnissen der diabolischen Mütter darstellt. Wie soll es anders sein, ist sich die junge Studentin bald sicher entdeckt zu haben, wo die Mutter der Dunkelheit zu leben scheint – in ihrem Haus nämlich!

Diese spektakuläre Neuigkeit teilt sie postalisch ihrem Bruder Mark (Leigh McCloskey) mit, der in Rom die hohe Kunst der Musik studiert, bevor sie mit den Nachforschungen beginnt und dabei im Keller tatsächlich Grausames entdeckt. Marks Kommilitonin Sara (Eleonora Giorgi) liest den Brief und fährt daraufhin zur Adresse, in der sich das Haus der römischen Hexe befinden soll. Allerdings wurde das Gebäude zu einer Bibliothek umgemodelt, wo die neugierige Studentin ebenfalls über ein Exemplar des todbringenden Buches über die drei weltbeherrschenden Hexen stolpert. Bevor sie das Zeitliche segnet, kann sie noch Mark alarmieren, der nur noch ihre Leiche und Fetzen des Briefes seiner Schwester vorfindet. Als er Rose daraufhin nirgendwo erreichen kann, macht er sich unverzüglich in den Big Apple auf. Dort angekommen erhält er Unterstützung von Elise (Daria Nicolodi), einer Freundin Roses, und bevor man sich versieht, steht ein paar Leichen später schon das Haus in Flammen und die Welt ist um eine Hexenbedrohung erleichtert worden.

Dario Argento ist gewiss ein Visionär des fantastischen Films. Zumindest war er dies in den fruchtbarsten Jahren des (italienischen) Horrorfilms. Mit „Inferno“, dem zweiten Beitrag zu seiner mittlerweile abgeschlossenen „Drei Mütter“-Trilogie, wird dieser Behauptung noch mehr Gewicht verliehen, da dieses Werk genau all das enthält, was seine Jünger an den Arbeiten des Meisters so sehr schätzten. Und es selbstverständlich immer noch tun. Eine konfus angelegte Geschichte, die als Konstrukt dafür gedacht ist, den Zuschauer durch forschen Sound und optische Spielereien mit der Kamera und Beleuchtung in seinen Bann zu ziehen, die Bühne der Realität hinter sich zu lassen und in einen (Fieber-)Traum des Absurden und Surrealen einzutauchen.

In „Inferno“ ist tatsächlich alles irgendwie unwirklich geraten, eben wie ein Traum bzw. Albtraum. Die Locations haben in jeder Einstellung etwas mysthisches an sich, hervorgehoben durch knallige Rot-/Blau-Beleuchtung, die oft nur einen gewissen Part des Raumes erhellt, in dem sogleich etwas passieren kann und meistens auch wird. Manchmal ist das grellbunte Licht auf ein einziges Objekt ausgerichtet, das schon in der nächsten Szene irgendwie geartet zum Einsatz kommt. Ebenso „traumhaft“ agieren die Protagonisten. Mehrere werden dem Zuschauer als eventuelle Zentralgestalt präsentiert, nur um sie dann eines grausamen Todes sterben zu lassen, eine Identifikationsfigur für den Betrachter bleibt somit bis zum Schluss aus. Das dürfte sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen, in diesem grotesken Albtraum hat es aber gewiss seinen Reiz.

Argento hat das Skript zu „Horror Infernal“, wie der Film auch heißt (ein unfassbarer deutscher Titel ist übrigens „Feuertanz der Zombies“), während seines Amerika Aufenthaltes geschrieben, als er mit Romeros „Dawn of the Dead“ beschäftigt war. Aufgrund einer Hepatitis-Erkrankung musste er ins Krankenhaus, in dem er die Geschichte zu seinem „persönlichstem Film“, wie er ihn selbst nennt, ersann. Zu der Zeit beschäftigte er sich viel mit den fantastischen Lehren der Alchemie, was auch in seinem Skript wiederholt Erwähnung findet. Die Fortführung der Geschichte um die drei Hexenmütter ist darum auch deutlich weniger ein „Hexenfilm“ als der zuvor entstandene „Suspiria“.

Zum besonderen Look des Films sei noch gesagt, dass dem Großmeister des italienischen Fantastikfilms Mario Bava viel zu verdanken ist – auch wenn dieser in den Credits keine Erwähnung findet. Dabei hat er hier Argento oft unter die Arme gegriffen, bei technischen Fragen oder der Kameraführung etwa. Auch war Bava für die Special Effects, besonders die Kulissen zuständig, was für den Film mehr Bedeutung hat, als man es sich vorzustellen vermag, da 90% des Films im Studio entstanden. Unter anderem wurde das berühmte Haus der Mater Tenebrarum nie gebaut, sondern durch ein Modell ersetzt! Das sieht man dem Film aber in keiner Sekunde an. Für die damalige Zeit (1980), in der am Computer kreierte Welten noch reine Vision waren, wahrlich eine Glanzleistung.

Im Lager der Kritiker von Argentos Kunstfertigkeit hingegen hört man oft, die technischen Spielereien dienten nur zur Verschleierung der Tatsache, dass seine Werke wirr und substanzlos seien. In dem Fall kann nur die allgemein anerkannte Formel gelten: Entweder es gefällt, oder eben nicht! Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass den modernen jungen Menschen von heute, der behauptet den Horrorfilm als solchen zu lieben, kaum etwas anspricht, wenn es nicht im bester „Saw“-Manier splattert und alle Aspekte der Geschichte bis ins Mark erläutert werden. Entsprechend schwer dürften es Filme wie „Inferno“, der nicht unbedingt als Gore-Granate zu bezeichnen ist (auch wenn der rote Lebenssaft reichlich fließt), haben in der heutigen Zeit neue Publikumskreise zu erschließen.

Zum „Drei Mütter“-Epos sei noch gesagt, dass Argento es 2007, fast 30 Jahre nach „Inferno“, mit „La Terza Madre“ zu Ende geführt hat. Der Abschlussfilm ist sowohl beim Publikum wie auch bei den Kritikern gnadenlos auf Ablehnung gestoßen. Was mit „Suspiria“ als frenetisch gefeiertes Horror-Kino begann, endete leider mit einem gigantischen Griff ins Klo. „Inferno“ hingegen bleibt eine Nachtmahr von Film, die zu entdecken sich auch heute noch lohnt.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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