Der Mann mit dem Hut ist zurück, um im schwächsten seiner bislang drei Leinwandabenteuer Indien aufzumischen. Dem schwächsten? Unbestritten ist, dass Steven Spielbergs und George Lucas Abenteuerreihe Kinogeschichte geschrieben hat, von „Quatermain“ bis „Tomb Raider“ nachhaltig Einfluss übte und bis heute nichts von seinem Reiz eingebüßt hat. Ebenso die Diskussion um die Wertigkeit von „Indiana Jones und der Tempel des Todes“, noch immer perfekte Unterhaltung, in der Feinabstimmung jedoch Vorgänger und Nachfolger unterlegen. An Action und Tempo, geschweige denn dem fulminanten Hauptdarsteller Harrison Ford („Mosquito Coast“) liegt dies nicht, was bereits der furiose Auftakt im Nachtclub in Shanghai – mit dem ominösen Namen Obi Wan – illustriert.
Jones behakt sich mit einer Unterweltgröße, wird vergiftet und legt beim anschließenden Versuch, Leib und Leben zu retten das ganze Interieur in Schutt und Asche. Dank seines jungen Partners Shortie (Jonathan Ke Quan, „Die Goonies“) gelingt ihm, die zickige Sängerin Willie (Kate Capshaw, „Black Rain“) im Schlepptau, die Flucht. Einige Turbulenzen und einen Flugzeugabsturz später findet sich das ungleiche Trio in einem indischen Dorf wider. Die Einwohner leiden Hunger, darben an Wassermangel und beklagen die Entführung ihrer Kinder. Verantwortlich für das Elend ist der grausame Kult der Tuks, der den Dorfbewohnern einen der heiligen Sankarasteine entwendete und damit das Unheil heraufbeschwor.
Widerwillig begeben sich Indiana Jones und seine Gefährten in einen fernen Palast, dem angeblichen Hort des Unheils. Sie werden herzlich empfangen, zumindest bis sie in den Abgrund aus religiösem Fanatismus und schwarzer Magie blicken, der sich unter den Mauern der herrschaftlichen Hochburg auftut. In grausamen Ritualen reißt der Hohepriester Mola Ram (Bollywood-Star Amrish Puri, „China Gate“) menschlichen Opfergaben das pulsierende Herz aus der Brust, ehe die noch lebendigen Todgeweihten in eine Erdspalte voll glühender Lava hinabgelassen werden. Auch die verschleppten Kinder finden sich in dieser unwirtlichen Hölle wider. Geschunden und zur Sklavenarbeit gezwungen, sollen sie weitere der sagenumwobenen Steine aus dem felsigen Erdreich schöpfen.
Der Touch des Gruselfilms mehrt sich durch das okkulte Moment einer knechtenden, schier apokalyptischen Glaubensauslegung. Die prachtvollen, nicht selten düsteren Kulissen unterstreichen das unbekannte exotische Ambiente, das, im Gegensatz zu den Nazis aus den Teilen eins und drei, mehr Fantasie erfordert und sich der (verhältnismäßig) unmittelbaren Nachvollziehbarkeit entzieht. Indy bekämpft hier nicht die nach Weltherrschaft strebende Supermacht, sondern den sich abgründiger Zauberei bedienenden Opferkult. Damit verbunden sind wenig kindgerechte Szenen fantastischer Gewalt, die das unheilsschwangere Stimmungsbild nachhaltig unterfüttern.
Kate Capshaw, spätere Frau von Regisseur Steven Spielberg, ist ein, wenn auch marginaler Schwachpunkt des zeitlich noch vor dem ersten Teil angesiedelten Films. Als überkandidelte Zicke strapaziert sie nicht nur das Nervenkostüm ihres peitschenschwingenden Begleiters, wenn das Drehbuch ihre meisten Ausfälle auch humoristisch zu überspielen weiß. Dem Vergleich zur resoluten Karen Allen aus „Jäger des verlorenen Schatzes“ hält sie dabei nicht stand, wenn ihre übersteigerte Hysterie auch vereinzelt die Rasanz anzuheizen weiß. Dank flotter Action – man erinnere sich nur der Lorenverfolgungsjagd im Tunnellabyrinth – und düsterer Atmosphäre ist auch „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ begnadetes Popcornkino mit gewaltigem Unterhaltungswert. Verzeihlich sind da kleine Makel, allen voran die etwas sprunghafte Erzählstruktur.
Wertung: (8,5 / 10)