In a Violent Nature (USA 2024)

Der Horror als ausgiebiger Waldspaziergang

Der Slasher-Film ist gemeinhin kein Kritiker*innen-Liebling. Natürlich gibt es Ausnahmen, solche wie die Genre-Hommage wie gleichwohl -Renaissance „Scream“ (1996). Sie verzückte neben dem Feuilleton auch das Publikum. Wie selten diese Einigkeit bei der Meinungsäußerung ist, zeigt sich auch am bereits vor dem offiziellen Erscheinen hoch gehandelten „In a Violent Nature“. Von einer Revolution des Schlitzer-Horrors wurde gesprochen, von einer Synergie aus Arthouse und Splatter. So wohlwollend die Kritiken des u. a. beim renommierten Sundance-Filmfestival gezeigten Streifens auch ausfielen, viele Zuschauende hatten eine differenzierte Ansicht. Und das durchaus zurecht. 

Fakt ist: „In a Violent Nature“ ist anders als die meisten Slasher. Das liegt primär am Fokus auf den übernatürlichen Killer, den die Kamera über weite Strecken durch Wald und Flur begleitet. Dieser erzählerische Kniff ist zwar nicht neu, wie etwa „Behind the Mask“ (2006) belegt, aber immer noch weit abseits der üblichen Opferperspektive angesiedelt. In diese wechselt Autor und Regisseur Chris Nash, der vor seinem Langfilmdebüt u. a. ein Kapitel zu „The ABCs of Death 2“ (2014) beisteuerte, erst am Ende, wenn Final Girl Kris (Andrea Pavlovic, „Learn to Swim“) auf der Suche nach einem Ausweg durch den nächtlichen Wald stolpert. Davor bleibt die Kamera über weite Strecken bei – oder besser: hinter – Johnny, der auf der Suche nach einem Medaillon (und Familienerbstück) durch die Natur streift. 

Da der Slasher aber auch hier nicht auf einen übernatürlichen Killer verzichten mag, ist Johnny schon lange tot. Oder nach der Entwendung des besagten Schmuckstücks von seiner Grabstätte unter einem verfallenen Feuerwehrturm im Wald eben untot. Wie weit entfernt Nash seinen Ambient-Horror von Jump-Scare-Schockern nach Blumhouse-Blaupause ansiedelt, veranschaulicht bereits der Auftakt, der das Medaillon zentral im starren Bildausschnitt baumeln lässt, während im Off Männerstimmen zu hören sind. Nachdem eine Hand das Johnny in Seelenfrieden ruhenlassende Artefakt entwendet hat, buddelt der sich kurze Zeit später aus der Erde. Und so entspinnt sich ein partiell fies brutaler Spaziergang durch Wald und Flur, bei dem es auf Publikumsseite vor allem eines braucht: Geduld. 

Licht und Schatten des blutbesudelten Naturpanoramas

Das quasi-meditative Moment der Naturaufnahmen mit Schlitzer-Begleitung erhält seine Gegensätzlichkeit durch die siebenköpfige Urlaubergruppe, zu der Kris gehört – und die Johnnys Auferstehung unfreiwillig heraufbeschworen hat. Von ihren Geräuschen am nächtlichen Lagerfeuer wird der groß gewachsene Killer angelockt. Anstatt sich aber gleich ans blutige Handwerk zu machen, dünnt er die Gruppe langsam aus; natürlich meist nur, wenn er eine/einen von ihnen allein wähnt. Der sich daraus ergebende Nachhall wird von der eruptiven Gewalt erzeugt. Gerade beim berüchtigten Yoga-Mord, der durch das bewegungsarme Opferverhalten aber lediglich in seiner comichaften Übertreibung erhöht wird. Mitleid mit den Todgeweihten schürt Nash damit jedenfalls nicht.

Die einzig wirklich emotionale Szene gehört denn auch Johnny, der, nachdem er einen Autoschlüssel mit Spielzeuggefährt daran gefunden hat, an einem Baum sitzend innehält und sogar die zwischendurch aus einer Ranger-Station stibitzte uralte Feuerwehrmaske ablegt. Der Blick ins Gesicht des Zombie-Jünglings mit glasigen Augen zeigt das unschuldige Kind, das Täter und Opfer zugleich ist. Allerdings erscheint kaum nachvollziehbar, dass sein Grab samt Medaillon frei zugänglich ist, wo Johnny laut dem Ranger (Reece Presley, „Psycho Goreman“) doch bereits zehn Jahre zuvor auf gleiche Weise sein Unwesen trieb. Mit der Logik hadert der Slasher eben auch in der Ambient-Variante.

Da hilft wenig, dass Kris am Ende an einer Straße von Lauren-Marie Taylor aufgelesen wird, die in den 80ern u. a. in „Freitag der 13. Teil 2“ und „Girls Nite Out“ mitgespielt hat – und die Nash über die schier endlose Geschichte einer Bärenattacke Zeit schinden lässt. Nervenkitzel kommt damit insgesamt einfach zu selten auf. Wer es allerdings mit der Anmut der (kanadischen) Natur hält, bekommt eindrückliche Bilder geboten, denen lediglich der Horror-Anteil im Wege steht. Unter dem Strich ein Film, wie geschaffen, um die Geister zu scheiden.  

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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