Immer nie am Meer (A 2007)

immer-nie-am-meerDrei Männer in einem Auto, aber nicht in einem Boot. Der Mercedes kam von der Straße ab, krachte eine bewaldete Böschung hinab und blieb zwischen zwei Bäumen stecken. Die Türen öffnen sich nicht, ebenso wenig Fenster und Schiebedach. Selbst ans Zerschlagen des Glases ist nicht zu denken, weil der Wagen, ein ehemaliges Dienstfahrzeug des österreichischen Bundespräsidenten Waldheim, gepanzert ist. So harren die Schicksalsgenossen aus, dösen, lamentieren oder weinen über Heringssalat und Prosecco, wobei die geleerten Flaschen gleich noch als Toilette benutzt werden. Das geht Tage so.

Auf den Vordersitzen nimmt das Gegensatzpaar Dirk Stermann und Christoph Grissemann Platz, der Phlegmatiker und der Choleriker, dessen aufbrausendes Temperament sich jüngst in der nervtötenden Werbekampagne eines norddeutschen Mobilfunkanbieters offenbarte. Ansonsten treten sie gemeinsam auf, im Fernsehen, auf der Bühne, im Rundfunk. Oder in Waldheims Benz, der als Dritten im Bunde Heinz Strunk chauffiert. Der heißt eigentlich Mathias Halfpape und wurde abseits der Bühne als Autor des Erfolgsromans „Fleisch ist mein Gemüse“ bekannt, in dessen Kinoableger er auch gleich mitwirkte.

Echte Schauspieler sind sie alle nicht. Und doch liegt eine Glaubwürdigkeit über der kammerspielartigen Groteske, die aus der professionellen Selbstinszenierung jener Figuren resultiert, die die Allrounder mit Nuancen des eigenen Selbst gespickt haben. Und so sind sie „Immer nie am Meer“, einer Aussicht ohne Rettung ausgeliefert, die sie mit Auftauchen des zwölfjährigen Toni (Philip Bialkowski) auf die Funktion von Versuchstieren degradiert. In der Schule hat er gelernt, Stressexperimente an Ratten durchzuführen und deren Ergebnisse zu protokollieren. Er sieht in ihnen keine Menschen, nur unfreiwillige Probanden.

Die Abstinenz von Emotionen, die Gefühlskälte des Forschenden, verleiht dem Film von „Die fetten Jahre sind vorbei“-Produzent Antonin Svoboda einen grimmigen Beigeschmack. Wahrgenommen wird nicht der Mensch, sondern nur das Material. Die von den Darstellern selbst geschriebenen Dialoge sind so entlarvend wie selbstironisch und verleihen der ausgewogenen Mischung aus Humoreske und Tragödie einen ganz besonderen Schliff. Das Schicksal des Trios bleibt offen. Am Ende streift sie ein regennasser Lichtschein. Mehr nicht. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

scroll to top