Im Winter ein Jahr (D 2008)

im-winter-ein-jahrEine Familie zerbricht am Tod des einzigen Sohnes, des einzigen Bruders. Mutter Eliane (Corinna Harfouch, „Der Untergang“) sagt, es war ein Jagdunfall, verschleiert damit jedoch die Wahrheit. Denn Alexander hat sich im Wald hinter dem elterlichen Haus mit einem Gewehr in den Kopf geschossen. Fast ein Jahr später gibt sie ein großformatiges Gemälde in Auftrag, dass ihn mit seiner Schwester Lilli (Karoline Herfurth, „Das Parfum“) zeigen soll. Dies Requiem zu seiner Erinnerung aber schafft keine Linderung. Zumindest nicht bei Eliane, die den Verlust ihres Kindes einfach nicht verkraften kann.

Mit „Im Winter ein Jahr“ hat Oscar-Preisträgerin Caroline Link („Nirgendwo in Afrika“) Scott Campbells Roman „Aftermath“ verfilmt und die Handlung ins Münchner Umland verlegt. Obwohl der Beginn der Harfouch gehört, sind die Hauptrollen doch klar verteilt. Ins Zentrum nämlich streben der von ihr engagierte alternde Künstler Max (Josef Bierbichler, „Winterreise“) und Tochter Lilli, die ihr Studium an Münchens Theaterakademie nur noch mit bedingter Ernsthaftigkeit vorantreibt. Sie sträubt sich gegen das mütterliche Projekt, lernt durch den Maler aber allmählich mit der sie zerreißenden Trauer umzugehen.

Ein Film vieler Worte ist das zurückhaltende Drama nicht. Leise und mit fast übertriebener Zaghaftigkeit wird die Seelenpein der glaubhaften Figuren herausgearbeitet. Die Bildsprache ist diesem Tempo mit langen Einstellungen und direkten Blicken auf Gestik und Mimik angeglichen. Während das großartige Duo Herfurth/Bierbichler aber den nötigen Raum zur charakterlichen Entfaltung erhält, bleiben Harfouch und Film-Gatte Hanns Zischler („Die fetten Jahre sind vorbei“) auf Entfremdung und Karriere reduziert. Dass ihre Ehe am Ende zwangsläufig scheitert, verkommt da fast zur Beiläufigkeit.

Behutsam verdichtet sich hingegen die Freundschaft zwischen Maler und Objekt. Als väterlicher Wegweiser versucht Max die fahrlässig impulsive Lilli von der eigenen Stärke – und der Schuldlosigkeit am Freitod des Bruders – zu überzeugen. Zugleich bemüht sich der zurückgezogen lebende Künstler um die Aufarbeitung eigener Verfehlungen. Vorzuwerfen ist Caroline Link die zeitweise symbolische Überfrachtung der Bilder – und ebenso die Ausweitung der Charakterstudien auf zu viele Spielfelder. Dank der starken Besetzung und einer feinfühligen Inszenierung bleibt das Drama jedoch sehenswert.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

scroll to top