Seit „Old Boy”, dem Mittelteil seiner „Vengeance“-Trilogie, gilt Chan-wook Park als Aushängeschild des südkoreanischen Kinos. Das bittere Rache-Drama brachte ihm die Goldene Palme in Cannes ein und machte ihn international bekannt. Mit entsprechender Spannung wurde sein nächstes Projekt erwartet. Dabei durfte mit allem gerechnet werden, nur nicht mit „I’m a Cyborg, But That’s OK“. Filme über den Alltag in Nervenheilanstalten gilt es viele. Die Besonderheit liegt in der versponnenen Erzählung, die den Versuch, einer entkräfteten jungen Frau neuerlich das Essen beizubringen, zum surrealen Abenteuer macht.
Young-goon Cha (Su-jeong Lim, „A Tale of Two Sisters“) wird nach einem vermeintlichen Selbstmordversuch in eine Psychiatrie eingewiesen. Sie hält sich für einen Kampf-Cyborg, eine kriegerische Fusion aus Mensch und Roboter. In ihrer Familie hat solche Spinnerei Tradition. Ihre Großmutter denkt, sie sei eine Maus und isst nur noch Radieschen. Dafür landete sie unlängst im Pflegeheim. Vergessen wurde ihre Zahnprothese. Die führt die Enkelin in einer Tasche mit sich. Manchmal setzt sie die künstliche Kauleiste ein. Aber nur dann, wenn sie mit Elektrogeräten kommuniziert.
Ihr größtes Problem ist die Verweigerung von Nahrung. Schließlich ist sie ein Cyborg, da braucht man keine Proteine. Nur elektrische Energie. Doch will das lecken an den mitgeführten Batterien die Kraftreserven nicht mehren. Um keinen Verdacht zu erregen, verspeist eine Mitinsassin ihre Essensrationen. So wird sie zunehmend schwächer, was die Aufmerksamkeit von Il-sun Park (Rain, „A Love to Kill“) weckt. Der fühlt sich ungeliebt, trägt oft selbstgebastelte Masken und glaubt, er könne anderen Menschen spezifische Wesenszüge stehlen. So kommen sich die beiden allmählich näher.
Chan-wook Park, für seine nüchterne Darstellung menschlicher Abgründe bekannt, zieht seine tragikomische Selbstfindung als überzeichnete Träumerei auf. Ihre visuellen Höhepunkte erreicht sie in Young-goon Chas eingebildeten Amokläufen durch die Flure des Krankenhauses. Ihre Fingerkuppen klappen zurück, entblößen die Mündungen von Schnellfeuergewehren. Ihr Unterkiefer senkt sich und gibt die rotierende Trommel des Magazins frei. Im Dauerfeuer spickt sie die verhassten Schwestern und Pfleger mit Kugeln, zerlegt in Slow Motion das Interieur und zerfetzt die Leiber ihrer Opfer mit blutiger Präzision.
Im Kern ist „I’m a Cyborg, But That’s OK” ein ernster, bisweilen tieftrauriger Film. Die Vermittlung des Dramas aber geschieht über die Verzerrung der Realität. Das Umfeld der in hellen Tönen erstrahlenden Anstalt wirkt grotesk, die Patienten mit ihren Macken nicht bemitleidens-, sondern geradezu liebenswert. Die spielfreudigen Darsteller und die Verweigerung des Regisseurs vor einer konventionellen Dramaturgie sind die Stützpfeiler dieser ungewöhnlichen Romanze. Am Ende ist nichts wie zuvor und doch alles beim alten. Ein exzentrisches und mitunter anstrengendes, darüber aber nicht weniger sehenswertes Werk.
Wertung: (7 / 10)