In einer stürmischen Nacht begegnen sich durch eine Aneinanderreihung verschiedenster Zufälle 10 völlig unterschiedliche Menschen in einem Motel in der Wüste. Da ist Ex-Cop Ed (John Cusack), die schwer verletzte Alice (Leila Kenzle), deren Sohn Timmy (Bret Loehr) und ihr Mann George (John C. McGinley). Auch der aufbrausende Polizist Rohdes (Ray Liotta), der den Strafgefangenen Robert Maine (Jake Busey) überführen soll, der Motel-Angestellte Larry (John Hawkes) und die Prostituierte Paris (Amanda Peet) zählen zum Kreis der in der Einöde Gestrandeten.
Nachdem man sich und seine Macken kennengelernt hat, gibt es plötzlich Tote. Auffällig ist dabei, dass die Opfer numerisch ihrer Zimmernummer ermordet werden. Die Gruppe macht sich auf die Suche nach dem Täter. Nur scheinen sich bereits nach kurzer Zeit alle Hinweise auf eine bestimmte Person in Luft aufzulösen. Auf dieser simplen Basis vollbringt Regisseur James Mangold ein wahres Kunststück, das von seinen übrigen Arbeiten überraschend weit entfernt rangiert. Seine Vielfältigkeit stellte er bereits mit „Girl, Interrupted“ oder „Copland“ unter Beweis.
Nun also „Identity – Identität“, ein Film, der durch seinen straffen Spannungsbogen gefangen nimmt und den Zuschauer mit Wendungen im Fünf-Minuten-Takt aufs Glatteis führt. Dass der Mystery-Thriller etwas Besonderes ist, zeigt Mangold bereits zu Beginn, in dem die Figuren nach und nach eingeführt werden und deren zufälliges Zusammentreffen in kurzen Rückblicken auf die Leinwand gebannt wird. Die Geschichte springt in den ersten 15 Minuten zu fast jedem der einzelnen Protagonisten, um dann plötzlich wieder in der eigentlich zeitlichen Handlung einzusetzen. Die Motel-Anlage wirkt durch ihre Lage, die Dunkelheit und den Regen dann so bedrohlich, dass man kaum an das, was noch kommen mag, denken möchte.
So schafft Mangold eine schier perfekte Atmosphäre, die durch clever eingestreute optische Finessen angereichert wird. Dazu greift er bei der Inszenierung auf Altbekanntes aus 100 Jahren Kino zurück, insbesondere jedoch deswegen, um den Zuschauer auf eine falsche Spur zu locken. Immer wenn man sich die Puzzle-Teile ganz passabel zusammengelegt hat, lässt Mangold alle Indizien kurze Zeit später verschwinden und die Suche nach dem Mörder beginnt – nicht nur auf der Leinwand – von neuem. Sicher ist das Töten einer abgeschotteten Gruppe nach dem „10-Kleine-Negerlein“-Prinzip nicht neu, doch lange wurde dies nicht mehr so packend erzählt.
Die Morde finden dabei nur selten vor den Augen des Betrachters statt, einige bekommt man erst später mit, andere wiederum überrollen einen wie einen D-Zug. Inmitten des großen Rätselratens konnte Mangold aber auch mit der Auswahl der Darsteller die volle Punktzahl holen. Mitten im Geschehen steht John Cusack („High Fidelity“), der wieder eine außerordentlich gute Figur abgibt. Er steht als besonnener, durchdachter wie abgeklärt agierender Ermittler in vollem Kontrast zu der Figur von Ray Liotta („Good Fellas“), der ebenfalls vollends überzeugt. Auch die Nebenrollen sind – u.a. mit Rebecca De Mornay, Alfred Molina, Clea DuVall oder Pruitt Taylor Vince – allesamt mehr als ordentlich besetzt.
Nachdem der Zuschauer rund 75 Minuten im Dunkeln tappte und alle in Frage kommenden Täter langsam ausscheiden, nimmt der Film eine gänzlich unerwartete Wendung und lässt das Publikum zunächst ratlos zurück. Es folgt die langsame Herleitung des Schlusses, der einen in bester „Die üblichen Verdächtigen“- oder „Fight Club“-Manier aus den Socken haut. Die Auflösung klingt im ersten Augenblick zwar ein wenig wirr und unlogisch, nachdem man sich aber ein paar Augenblicke mit der Situation befasst hat, das soeben geschehene zusammensetzt, ergibt diese allerdings als einziges Sinn. Spannender ging es im jüngeren Kino selten zu!
Wertung: (8 / 10)