Zentrales Motiv des Spät-Westerns ist der Wandel der Zeit. In ihm portraitiert werden Männer, deren alter Schlag im Aufkommen der Moderne zunehmend obsolet erscheint. Um die Jahrhundertwende ist der Wilde Westen seiner Grenzenlosigkeit beraubt. Die Prärie ist in weiten Teilen eingezäunt, die anarchische Gesellschaftsstruktur urbanisierter Rechtstaatlichkeit gewichen. Das Gefühl der Freiheit wird somit neu definiert. Für klassische Revolverhelden bedeutet dies Anpassung oder Untergang. Zeugnis dieser Entwicklung legt auch „Ich, Tom Horn“ ab, der die letzten Jahre im Leben des bekannten titelgebenden Fährtensuchers und Scharfschützen skizziert.
Jener Tom Horn, im Film verkörpert von Steve McQueen („Bulitt“) war am Bau der Eisenbahn beteiligt und während der Indianerkriege als Dolmetscher tätig. 1901 verschlägt es ihn nach Wyoming, wo seine Ankunft schnell die Runde macht. Von Rancher John Coble (Richard Farnsworth, „Keine Gnade für Ulzana“) wird er im Namen verschiedener Grund- und Viehbesitzer angeheuert, gegen die in der Region zunehmend auftauchenden Rinderdiebe vorzugehen. Da Horn aber weder ein gewiefter Stratege ist noch über diplomatisches Geschick verfügt, knallt er die Schuldigen erbarmungslos nieder.
McQueen, der auch als Produzent in Erscheinung trat, bereitete den Film akribisch vor und widmete sich insbesondere den verschiedenen Etappen auf Horns Lebensweg. Nur spielen die in der kinematographischen Aufbereitung des etablierten TV-Regisseurs William Wiard (u.a. „Bonanza“, „M*A*S*H“) keine Rolle. Zwar wird der etwas grobschlächtige Anti-Held – basierend auf dessen selbst verfasster Biografie – durchaus vielschichtig charakterisiert und von McQueen auch überzeugend verkörpert. Die kühle und vor allem arg gerafft wirkende Erzählung lässt „Ich, Tom Horn“ aber über weite Strecken seltsam oberflächlich wirken.
So bleibt Horns zarte Beziehung zur Lehrerin Glendoline Kimmel (Linda Evans, „Lawinenexpress“) nur Beiwerk. Mehr Überzeugungskraft haben da schon die teils ruppigen, im Geiste Sam Peckinpahs (drehte mit McQueen „Junior Bonner“ und „The Getaway“) inszenierten Shoot-Outs. Als die schonungslose Brutalität von Horns Feldzug die Rancher in Erklärungsnot bringt, hängen ihm diese den Mord an einem Jungen an. Und da er sich wenig um die Gerichtsbarkeit des neuen Zeitalters schert, ist die Intrige bald von Erfolg gekrönt. Seiner ihm heiligen Freiheit beraubt, wird Tom Horn im November 1903 am Galgen gerichtet. Der sehenswert gestaltete Film mag die Ambivalenz eines der letzten großen Revolvermänner gelungen einfangen. Ein wenig mehr Tiefe hätte aber sicher nicht geschadet.
Wertung: (6 / 10)