Ein ungewöhnlicher Beitrag zum Untoten-Horror ist die britische Underground-Produktion „I, Zombie“. Das semi-dokumentarische, im konzeptionellen Ansatz experimentelle Drama setzt der körperlichen Metamorphose eine soziale gleich, die sich in Einsamkeit, Isolation und dem Zwang der Entmenschlichung niederschlägt.
Die Beziehung zu Freundin Sarah (Ellen Softley) leidet unter Marks (Giles Aspen) zeitintensivem biologischem Universitätsprojekt. Bei einem Feldeinsatz wird er von einer mysteriösen Frau gebissen und mit einem Virus infiziert, das seinen Körper langsam zerfallen lässt. Er verlässt Sarah ohne Angabe von Gründen und bezieht eine neue Wohnung, die abgelegen genug liegt, um seine Veränderung geheim zu halten. Ein Nebeneffekt des schleichenden Siechtums ist der Appetit auf Menschenfleisch. Wenn der Hunger und die damit verbundenden Schmerzen zu groß werden, muss Mark töten.
Bei diesem deprimierenden Kammerspiel trat Regisseur Andrew Parkinson („Dead Creatures“) auch als Autor, Produzent, Cutter und Nebendarsteller in Erscheinung. Sein Erstling ist ein ambitioniertes Protokoll des Verfalls, das mit „Chronicles of Pain“ den passenden Untertitel trägt. Mit wissenschaftlichem Drang dokumentiert Mark die Veränderung seines Zustands, macht Notizen, füllt Tonbänder. Daneben zeigen Interviewauszüge, wie Sarah mit der abrupten Trennung umgeht. Als Marks unerreichbare Konstante wird sie zum Sinnbild seiner Entfremdung.
So schleichend wie der Verlust der Menschlichkeit ist auch das erzählerische Tempo. Die Hoffnungslosigkeit seines Zustands lässt Mark Frust und Verzweiflung mit Alkohol betäuben. Masturbation wird zum Ventil, zum Klammern an menschliche Emotionen. Parkinson verlangt Hauptdarsteller Aspen einiges ab. Erst recht der Figur des Mark, dem am Ende, wenn sich der Verwesungsprozess dem finalen Zerfall nähert der abgestorbene Penis verloren geht. Dass derlei Szenen und die aus ihnen resultierende Tragik nie trashig wirken, ist das eigentlich bemerkenswerte an „I, Zombie“.
Kunstvoll verschwimmen Wahn und Wirklichkeit, wenn Mark in Sehnsucht nach Sarah vergeht. Das mitleiderregende Schicksal des jungen Mannes erhält seinen Kontrast in der zwanghaften Tötung von Menschen, die er in sein Haus schafft und dort verspeist. Die Make Up-Effeke sind für eine No Budget-Produktion gelungen und überzeugen ebenso wie Schauspieler und Kamera. Am Ende löst sich Marks Körper auf. Er stirbt als bröseliger verrottender Fleischklumpen einen erlösenden und einsamen Freitod. Von seinem Leben bleiben nur schmerzliche Erinnerungen und ein Sack alter Kleidungsstücke. Wer sich von Machart und Tonalität nicht abschrecken lässt, erlebt eine eigentümlich intime Variation des Zombiethemas.
Wertung: (7 / 10)