„It’s not found footage. It’s footage footage.“ – Überzeugt mit Echtheit: Adam Green
Found Footage-Filme spielen mit der Realität. Der dokumentarische Charakter suggeriert Authentizität, auf deren Buckel mit alltäglicher Beiläufigkeit und heftig geschüttelter Kamera das Grauen entfesselt wird. Seit dem Sensationserfolg „Blair Witch Project“ (1999) ist das Konzept salonfähig. In den vergangenen Jahren sprossen artverwandte Produktionen wie Pilze aus dem Boden. Allein „Paranormal Activity“ (2007) bringt es auf gefühlte 73 Fortsetzungen. Das schafft Probleme. Denn die Formel erlaubt wenig Variationsspielraum und der (beabsichtigt) billige Look wirkt mittlerweile arg generisch. Überraschenderweise schafft „Hatchet“-Schöpfer Adam Green mit „Digging Up the Marrow“ – im Deutschen durchaus gelungen „How to Catch a Monster“ betitelt – Abhilfe.
Nicht dass dies unabhängig gefertigte Spiel mit Klischees und Standarten sonderlich aufregend geraten wäre, aber die von Green initiierte Rückkehr zur improvisierten Art des Filmemachens strotzt vor Herzblut und setzt ein sympathisches Zeichen fürs Spartenkino. Die Crew speiste sich aus kaum mehr als zwei Handvoll erlesenen Wegbegleitern (u.a. Komponist Bear McCreary, „The Walking Dead“), den Ausschlag gab der auch produzierende (und als Parkwächter auftretende) Künstler Alex Pardee. Dessen grell bunte und im Film wiederholt gezeigte Bilder grotesker Monstrositäten bilden den Rahmen für eine Geschichte, in der Green und Stammkameramann Will Barratt auf die Spur einer bizarren Parallelwelt mit „Cabal“-Touch geraten. Zum Auftakt dürfen Werkschaffende und Schauspieler (darunter „Candyman“ Tony Todd) auf Horror-Conventions über ihre Interpretation von Monstern philosophieren, ehe Green mit gespielter Verlegenheit vor die Kamera tritt.
Die Zusendung einer Beschreibung von „The Marrow“, einer unterirdischen Welt, in der deformierte Menschen und andere „Freaks“ Zuflucht finden, erregt sein Interesse. Dessen Urheber, William Dekker, wird vom bekannten Schauspieler Ray Wise („Big Ass Spider!“) gespielt. Die Authentizität lässt sich mit solch einem Schachzug kaum aufrechterhalten. Nur ist das auch gar nicht Greens Intention. Er verleiht der Fantasie mit überschaubaren Mitteln Ausdruck und persifliert obendrein ein Subgenre, das sich durch zunehmende Beliebigkeit um seine grundlegende Wirkweise betrügt. Mit Horror hat seine humoristische Grusel-Mockumentary nur am Rande zu tun. Von Dekkers Ausführungen fasziniert, legen sich Green und Barratt in einem öffentlichen Park auf die Lauer, wo der kauzige Monsterjäger einen Eingang zur Unterwelt ausgemacht haben will.
Auf Ereignisreichtum setzen die Macher nicht. Als das nächtliche Auf-der-Lauer-liegen tatsächlich zur Sichtung einer mysteriösen Gestalt führt, folgen Diskussionen im Schneideraum (u.a. mit Slasher-Ikone Kane Hodder, „Jason X“) über die Echtheit von Material und Monster. Zweifel an Dekker nähren – wieder auf einer Convention – die Regisseure Tom Holland („Fright Night“) und Mick Garris („Masters of Horror“), die Green und Barratt letztlich dazu veranlassen, im Park auf eigene Faust nach Beweisen zu suchen. Im Gegensatz zu vielen ähnlich gelagerten Filmen gibt es am Ende reichhaltig groteske Kreaturen zu sehen, die Skulpteur Greg Aronowitz („A.I. – Künstliche Intelligenz“) nach den Entwürfen Pardees schuf. Was Green und Gefährten vorlegen, ist der Beweis, was mit Fantasie und geringen Mitteln möglich ist. Damit bleibt „How to Catch a Monster“ eine kreative Fingerübung, die den Independent feiert und kaum mehr sein möchte als ein kleines Fest von Fans für Fans.
Wertung: (6,5 / 10)