Gibt es überhaupt jemanden, der für HOT WATER MUSIC keinerlei schmeichelnde Worte übrig hat? Der Einfluss des Gainesville-Klassikers auf den modernen Punk-Rock ist durch die Vermengung aus Reibeisen-Vocals und ins melancholische driftendem Melodienreichtum jedenfalls unbestritten. Diese Mischung trägt auch „Vows“, den mittlerweile zehnten Langspieler des durch FLATLINERS-Frontmann Chris Cresswell dauerhaft ergänzen Fünfers. Durch ihn werden die erwähnten Reibeisen von Chuck Ragan und dem krankheitsbedingt kürzer getretenen Chris Wollard allerdings ins Klare verzerrt – mit positivem Einfluss auf die Vielschichtigkeit.
Das lässt bereits der wuchtige Opener „Menace“ erkennen, bei dem Cresswell den Refrain beisteuern darf. Diesem Maß-Einstand folgt mit „Searching for Light“ einer jener Songs, bei denen man sich am liebsten bierselig in den Armen liegt und lauthals mitgrölt. Die grundlegende Ruppigkeit, die seit der Jahrtausendwende schrittweise zurückgefahren wurde, ist auf „Vows“ allerdings nur noch momentweise zu finden. Stattdessen regiert eine teils verspielte Rockigkeit, die zwar mit gewohnt punkigem Nachdruck gereicht wird, nicht allein bei „Burn Forever“, „After the Impossible“ oder dem finalen „Much Love“ aber durchaus um einen erkennbaren Teil der Ecken und Kanten erleichtert wird.
Auf diese Weise schaffen es HOT WATER MUSIC einmal mehr, ihr Profil punktiert zu schärfen und mehr noch eine breitere Zielgruppe anzusprechen. Dafür spricht auch, dass die Bühnen über die Jahre stetig größer wurden. Ein Album zum bedingungslosen Abfeiern ist „Vows“ damit nicht – allerdings auch keines, das die Fans vor allzu große Anpassungsschwierigkeiten stellen würde. Die Abwechslung wird dabei auch durch das von Wollard geschmetterte „Chewing on Broken Glass“ oder die von Cresswell gesungenen „Side of the Road“ und „Touch the Sun“ gemehrt. Selbst wenn frühere Werke der Mannen mehr packen (dürfen), an schmeichelnden Worten muss auch diesmal nicht gespart werden.
Wertung: (7,5 / 10)