Die Welle trifft das alte Passagierschiff mit voller Wucht. Es ist Silvester und die wohl situierte Abendgesellschaft ist auf Überraschungen vorbereitet. Nur nicht auf diese. Naturgewalt gegen Techniktriumphirat. Ein Beben bei Griechenland war Auslöser der kolossalen Wasserwand. Der ausrangierte Urlaubskreuzer, ohnehin auf seiner letzten großen Fahrt, wird wie ein Spielzeug auf die Seite geworfen. Wenn doch nur nicht die spätere „Nackte Kanone“ Leslie Nielsen den Kapitän gegeben hätte. So aber nimmt die Katastrophe ihren (absehbaren) Lauf.
„Die Höllenfahrt der Poseidon“ ist ein früher Vertreter jenes Katastrophenfilm-Booms, der Hollywood in den Neunzehnsiebzigern erfasste wie die Monsterwelle den Luxusdampfer. Master der Desaster war Irwin Allen, der neben diesem auch die Fortsetzung „Jagd auf die Poseidon“, beide basierend auf Romanen von Paul Gallico, auf den Weg brachte. Abseits der Berufung zum Regisseur, wobei er hier Ronald Neame („Meteor“) den Vorzug gab, produzierte Allen auch gleich geartetes Genrekino, darunter die Klassiker „Erdbeben“ und „Flammendes Inferno“.
Als sich die See beruhigt, treibt die Poseidon kieloben. Wer im nun tiefer gelegenen Ballsaal mit dem Leben davonkam, den erwartet der Tod durch Ertrinken. Nur wahrhaben wollen das die Wenigsten. Davon unbeirrt wagt eine Gruppe Eingeschlossener den beschwerlichen Aufstieg. Denn an der Oberfläche, nahe der Schiffsschrauben, ist die metallene Außenhaut am dünnsten. An der Spitze der Gruppe entbrennt ein erbitterter Machtkampf zwischen Priester Gene Hackman („French Connection“) und Polizist Ernest Borgnine („Das dreckige Dutzend“) um das Vertrauen der Schicksalsgenossen.
Unter denen tummeln sich vertraute Gesichter wie Shelley Winters („Bloody Mama“), Red Buttons („Der längste Tag“) und Roddy McDowell („Planet der Affen“). Die Einführung der Protagonisten vor dem Unglück wirkt teils unfreiwillig komisch. Der streitfreudige Geistliche Hackman beispielsweise wurde durch seine Kirchenkritik nach Afrika strafversetzt. Oder der aufbrausende Cop Borgnine, den die Sorge um seine frisch angetraute Gattin (Stella Stevens, „Kugeln sind sein Autogramm“), eine ehemalige Hure, bisweilen zu köstlichen mimischen Verirrungen treibt.
Auf dem Weg zum Happy End findet so manche Ehefrau den Tod, scheint das vermeintlich schwache Geschlecht den Strapazen des beschwerlichen wie gefahrvollen Weges durch eindringende Fluten und auf dem Kopf stehende Interieurs nicht gewachsen. Selbstlose Aufopferung steht auch auf dem Programm, was der Spannung zuträglich ist und die Anteilnahme an der actionreichen Katastrophe mehrt. Irwin Allen schuf so tricktechnisch gelungenen Darwinismus, bei dem die stereotypen Charaktere buchstäblich von der tödlichen Enge verschlungen werden. Trotz altersbedingten Verschleißerscheinungen ein Klassiker.
Wertung: (7 / 10)