Mystery-Thriller trifft Familiendrama. Neu ist diese Herangehensweise nicht. Den Unterschied macht bei „Haunted Child“, dass der Film aus Norwegen stammt. Das Spielfilmdebüt von Regisseur Carl Christian Raabe, der als Standfotograf u. a. an „Headhunters“ (2011) und „Einer nach dem anderen“ (2014) beteiligt war, variiert den Stil von renommierten Vorreitern wie „The Others“ (2001). Allerdings verliert sich das Skript aus der Feder von Schriftstellerin Maja Lunde („Die Geschichte der Bienen“) in gediegener Ereignisarmut.
Als ihr entfremdeter Vater stirbt, hinterlässt er der wohl situierten Cathrine (Synnøve Macody Lund, „Ragnarök“) ein Landhaus, in dem die Familie früher gemeinsam Weihnachten feierte. Für die Hinterbliebene steht fest, dass sie das Anwesen verkaufen möchte und reist in die verschneite Provinz, um die Veräußerung vorzubereiten. Damit verbunden ist jedoch die Konfrontation mit ihrer eigenen Vergangenheit, an die sich Cathrine nur bruchstückhaft erinnert. Die Umstände des frühen Todes der Mutter bleiben ihr ein Rätsel und das spurlose Verschwinden ihrer nie gekannten Tante im Kindesalter wirft weitere Schatten auf das familiäre Vermächtnis.
Die Erzählung bleibt so kühl wie das nordische Klima. Dazu trägt auch das spröde Spiel von Hauptdarstellerin Lund bei, die zwar überzeugend agiert, eine emotionale Näherung aber merklich erschwert. Dass Cathrine bald von Alpträumen und unheimlichen Visionen heimgesucht wird, bedient die übliche Klaviatur des Haunted-House-Sujets. Nur wirken die hier und da eingebrachten Jump Scares vor dem Hintergrund der entschleunigten Inszenierung wie Fremdkörper. Die mitunter stimmungsvolle Bebilderung und die Darbietung von Nachwuchsschauspielerin Ebba Steenstrup Såheim sorgen im Gegenzug für notwendige Höhepunkte.
Als Daisy, ein kleines Mädchen, das Cathrines Beschützerinstinkt weckt, rückt Såheim nachhaltig (und mit durchaus vorhersehbarer Konsequenz) ins Zentrum. Überlagert wird damit insbesondere die Rolle von Ken Vedsegaard („Final Hour“), der als Cathrines Gatte Marcus für die Auswirkungen steht, die ihre unterdrückte Kindheit auf die Gegenwart hat. Der finale Akt schließt den narrativen Kreis mit Blick auf die psychologische Komponente der (Familien-)Geschichte gelungen. Echter Nervenkitzel kommt bei diesem betont unspektakulären Mix aus Geisterbahn und Vergangenheitsbewältigung aber nur selten auf. Hier behalten die internationalen Vorbilder klar die Nase vorn.
Wertung: (5 / 10)