„You know, I have a theory that hieroglyphics are just an ancient comic strip about a character named Sphinxy.” – Harry
Heirat ist der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung. Aber es gibt solche, die es besser wissen. Nicht umsonst sagt der Volksmund: Drum prüfe, wer sich ewig bindet… Aber wer schenkt antiquierten Sprichwörtern schon Glauben? Vor allem dann, wenn die rationale Sicht durch Gefühle vernebelt ist. Harry Burns (Billy Crystal, „America’s Sweethearts“) zumindest nicht. Er hat seine eigene Philosophie über das Verhältnis von Männern und Frauen. Ihm zufolge ist zwischen den Geschlechtern keine Freundschaft möglich, weil immer der Sex im Wege steht. Die Beziehung zu Sally Albright (Meg Ryan, „Schlaflos in Seattle“) gestaltet das nicht eben problemloser.
Über einen Zeitraum von 12 Jahren begleitet „Spinal Tab“-Regisseur Rob Reiner seine herzlichen Protagonisten durch emotionale Wechselbäder. Harry und Sally begegnen sich eher zufällig, als sie 1977, zum Abschluss der Collegezeit, eine Fahrgemeinschaft nach New York bilden. Doch will der Funke zwischen dem extrovertierten Individualisten und der verklemmten Konformistin nicht recht überspringen. Am Zielort verabschiedet man sich und geht seiner Wege. Jahre später begegnen sie sich am Flughafen. Doch zusammen wächst erst, was zusammen gehört, als sie der Zufall in einem Buchladen abermals zusammenführt. Sie werden Freunde, beste Freunde. Irgendwann aber funkt der Sex dazwischen.
„Harry und Sally“ ist eine der originellsten, witzigsten und leidenschaftlichsten Liebes-Komödien der Kinogeschichte. In die Annalen ging insbesondere Meg Ryans vorgetäuschter Orgasmus während eines Restaurantbesuchs ein. Mit famosem, gern deftigem Wortwitz – man denke allein an die Unterhaltung wiederkehrender Träume, bei der Harry von olympisch bewertetem Sex berichtet – und erfrischend unbefangenem Spiel der hinreißenden Hauptdarsteller wurde der Film zum Klassiker. Es ist nicht nur die Chemie zwischen ihnen, sondern auch die Zurückhaltung der Nebenfiguren, verkörpert von Carrie Fisher („Star Wars“) und Bruno Kirby („City Slickers“).
Kleine Anekdoten werden von Langzeitehepartnern eingestreut, die auf einer Couch sitzend vom Beginn ihrer Liebe erzählen. Bevor schlussendlich auch der machohafte Harry und die zickige Sally diesen für sie vorgesehenen Platz einnehmen, gilt es diverse Hürden, Affären und Partner zu überwinden. Dass die beiden füreinander bestimmt sind, erkennt der Zuschauer sofort, die beiden jedoch erst spät. Dabei, davor wie danach sprüht Reiners herzliche Komödie vor Charme. Die Klischees der einzig wahren Liebe stören dabei nicht. Für die moderne Spielart der humorigen Romanze lieferte diese gar den Ursprung. Allein deshalb ist dies neurotische Traumpaar eine unverwüstliche Klasse für sich.
Wertung: (9 / 10)