Hamlet (USA 1990)

hamletgibsonShakespeare-Verfilmungen gibt es wie Sand am Meer. Wer als Schauspieler etwas auf sich hält, der hat zu mindest in einer Adaption des englischen Dichters mitgewirkt. Und so war es auch nur eine Frage der Zeit, bis Charakterdarsteller Mel Gibson in Shakespeares wohl größten Werk auftreten würde – der Geschichte von Hamlet, Prinz von Dänemark.

In Helsingör wird ein neuer König gekrönt. Claudius (Alan Bates, „Psycho“) besteigt den Thron von Dänemark. Der Sohn des alten Königs Hamlet (Mel Gibson, „Mad Max“) beobachtet dieses Ereignis mit Unbehagen. Denn nicht nur den Thron des Vaters besteigt der Onkel, er heiratet auch die Mutter Hamlets, Gertrude (Glenn Close, „Garp und wie er die Welt sah“). Als Hamlet dann noch der Geist seines Vaters die Botschaft überbringt, er sei von Claudius ermordet worden, sinnt er auf Rache. Doch er zaudert zwischen dem Willen nach Genugtuung und der Angst vor der eigenen Sünde.

Regieveteran Franco Zeffirelli hatte bereits 1968 mit „Romeo und Julia“ unter Beweis gestellt, dass ihm die Stoffe des elisabethanischen Dramatikers liegen. Auch diesmal inszeniert er das Stück traditionell, in mittelalterlichen Gemäuern mit zeitgemäßen Kostümen, aber nicht altbacken. Bei einer Dauer von 130 Minuten ist sein Hamlet zwar nicht so Detailversessen wie das Vier-Stunden-Werk des Shakespeare-Kenners Kenneth Branagh, trotzdem ist er beeindruckend.

Die Schauspieler sind, mit einem Wort, hervorragend. Glenn Close zeigt sich einmal mehr als herausragende Charakterdarstellerin, Alan Bates hat den linkischen Gesichtsausdruck schon seit Dekaden für sich gepachtet und auch die damals noch junge Helena Bonham Carter („Fight Club“) überzeugt als Ophelia auf ganzer Linie. Gesichter wie beispielsweise das von Ian Holm („Alien“) runden die fantastische Besetzungsliste ab.

Das gilt auch für Mel Gibson. Niemand hätte dem ehemaligen Road-Warrior und Chaos-Cop wohl die Rolle des ewigen Zweiflers Hamlet zugetraut – doch unter der Führung von Zeffirelli, der ihn gerade wegen seiner Darstellung des Martin Riggs in „Lethal Weapon“ für die Rolle auswählte, zeigt der Mime, dass mehr in ihm steckt, als bloßes Unterhaltungskino. Durch die ihm eigene Ironie, die er in die Rolle einfließen lässt, erfindet er den Hamlet zwar nicht neu, liefert aber eine beachtliche Leistung ab. Schauspielerisch war Mel Gibson wohl nie besser als hier.

So reiht sich der Zeffirelli-Hamlet nahtlos in eine Reihe von meisterhaften Shakespeare-Verfilmungen ein. Mit viel bösem Willen kann man dem brillanten Italiener vielleicht einen gewissen Anachronismus unterstellen, trotzdem ist ihm ein fantastischer Film gelungen, und das nicht trotz, sondern auch wegen Mel Gibson.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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