Die magere Ausbeute von „Halloween 5” – der nur noch 11,7 Millionen Dollar erwirtschaften konnte – stand einer weiteren Fortsetzung lange im Wege. Hinzu kam die Enttäuschung des Publikums. So sorgte die 1994 gestreute Ankündigung eines weiteren Teils für eher verhaltene Reaktionen bei Presse und Fans. Das änderte sich jedoch schlagartig, als der Name Quentin Tarantino mit „Halloween 6“ in Verbindung gebracht wurde. Der gefeierte „Pulp Fiction“-Regisseur war für einen vorläufigen Drehbuchentwurf im Gespräch, Scott Spiegel („From Dusk Till Dawn 2 – Texas Blood Money“) für die Regie. Differenzen mit Produzent Moustapha Akkad sorgten allerdings für die baldige Distanzierung Tarantinos und Spiegels von dem Projekt.
Doch das Interesse an „Halloween 6“ war geweckt. Miramax-Tochter Dimension Films – die sich mit Horrorfilmen wie „God´s Army“ einen respektablen Namen gemacht hatte – erwarb die Rechte an der Veröffentlichung und dem Vertrieb weiterer Teile der Reihe. Die Skriptfassung des jungen Autors Daniel Farrands erregte die Aufmerksamkeit der Produzenten, während mit Joe Chappelle („Phantoms“, „The Skulls II“) ein ambitionierter Regisseur verpflichtet werden konnte. Allerdings markiert „Halloween – The Curse of Michael Myers“ ein vortreffliches Beispiel dafür, dass auch kleine Filme mit großen Problemen zu kämpfen haben.
Denn inmitten der Dreharbeiten führte Dimension Films die Hälfte des 2 Millionen Dollar umfassenden Finanzrahmens an die Produktion von „Hellraiser IV – Bloodline“ ab. Zu diesem Zeitpunkt ließ sich bereits ermessen, dass die Umsetzung von Farrands Drehbuch das Budget überschreiten würde. Also wurden Kürzungen am Skript verordnet, die Handlung gestrafft und nur wenige der Erklärungen loser Enden aus Teil fünf übernommen. Aus verschiedenen Entwürfen Farrands wurde ein Flickwerk zusammengebastelt, das der ursprünglichen Intention des Schreibers kaum mehr gerecht werden dürfte.
Kurz nach Vollendung der Dreharbeiten verstarb Loomis-Darsteller Donald Pleasance („Man lebt nur zweimal“). In dieser Phase schien Regisseur Chappelle derart unzufrieden mit dem vorliegenden Ergebnis, dass er beschloss, das gesamte letzte Drittel des Films umzustrukturieren. Die schließlich in den Kinos gezeigte Schnittfassung basiert auf Joe Chappelles Idealverständnis des Stoffes. Doch kann dieser den Eindruck kaum entkräften, dass die ursprünglich angedachten Entwürfe zu „Halloween 6 – The Curse of Michael Myers“ den künstlerischen Sturz der Serie ins Bodenlose zumindest kurzzeitig hätten stoppen können.
Sechs Jahre sind vergangen seit Michael Myers unter tatkräftiger Mithilfe des verhüllten Unbekannten die Flucht aus dem Gefängnis von Haddonfield gelang. Seitdem fehlt auch von der kleinen Jamie jede Spur. Das Halloweenfest wird nach den grausamen Geschehnissen dieser Tage ausgesetzt. Michael Myers gerät über die Jahre in Vergessenheit. Nur einer erwartet die Ankunft des todbringenden Schattens – Tommy Doyle (Paul Stephen Rudd, „Clueless“), seines Zeichens Überlebender der Nacht des Grauens von 1978.
Der erste „Halloween“-Film der Neunziger fährt die Ästhetik eines Videoclips auf. Doch täuschen rasante Schnittmontagen und laute Geräuscheffekte nicht über die ultrabrutale Mogelpackung hinweg, die Regisseur Joe Chapelle dem Publikum hier auftischt. Die blutigen Morde geizen nicht mit expliziter Gewalt und geöffneten Körpern, wissen die gewaltigen Löcher im Drehbuch jedoch kaum zu kaschieren. Aus jenen strömen allerorten neue Verwandte des Myers-Clan – hier die Familie, die Laurie Strode einst adoptierte – und laufen dem nimmermüden Killer wie dressierte Affen auf Abruf ins Messer.
„Halloween 6“ will Antworten bieten. Die heidnischen Ursprünge aus Teil zwei werden wieder aufgegriffen, ein geheimnisvoller Kult eingeführt und die Taten des Michael Myers zum gottlosen Teufelswerk nach dem Mondkalender deklariert. Am Ende kann ihm mit einigen keltischen Runen sogar zwischenzeitig Einhalt geboten werden. So jedenfalls sah es die ursprüngliche Fassung des Films vor, die als „Producer´s Cut“ zu später Verbreitung als nicht autorisierte DVD-Pressung gelangte. Das weit bekanntere, von Joe Chapelle zu verantwortende Konstrukt hingegen hat weder Sinn noch eine nachvollziehbare Storyline. Die schwache Regie versucht sich einzig durch unnötig ausgeschmückte Brutalitäten auszuzeichnen. Die dadurch entstandene Ansammlung von Ungereimtheiten und unnötiger Grausamkeit ist selbst hartgesottenen Genrefans kaum mehr zu empfehlen.
Wertung: (3 / 10)