Halloween 6 – The Curse of Michael Myers (Producer’s Cut) (USA 1995)

„Michael’s work is not done in Haddonfield.“ – Tommy Doyle

Das Ringen um das Recht der finalen Werkfassung hat in der Filmgeschichte Tradition. Die Vision eines Regisseurs deckt sich eben oftmals nicht mit der wirtschaftlich getriebenen Erwartung der Produzenten. Im Falle von „Halloween 6 – The Curse of Michael Myers“ sorgte jedoch das Eingreifen der Produktionsfirma Dimension Films dafür, dass die ursprüngliche Version, gemeinhin als „Producer’s Cut“ (P.C.) bekannt, abgelehnt wurde. Ein Grund lag in einer fatalen Testvorführung, bei der das hauptsächlich jugendliche Publikum insbesondere dem betont unspektakulären Schlussakt mit seiner ausbleibenden Konfrontation des Bösen wenig Positives abgewinnen konnte. Also wurden Nachdrehs angeordnet, die durch den Tod von Hauptdarsteller Donald Pleasance merklich erschwert wurden.

Die problematische Entstehung beginnt allerdings früher. Denn eigentlich wollte Autor Daniel Farrands („Amityville Horror – Wie alles begann“) eine verbindende Brücke zwischen sämtlichen Auftritten von Kult-Schlitzer Michael Myers (nach „Halloween 4“ neuerlich verkörpert von Stuntman George P. Wilbur) schaffen und selbst eine Begründung für dessen Unsterblichkeit liefern. Seine originäre Idee sah eine groß angelegte Verschwörung im Stile von Roman Polanskis „Rosemaries Baby“ (1968) vor, bei der Michael durch die „Thorn“-Rune von einem mysteriösen Kult kontrolliert wird. Laut Farrands blieb von seinem Drehbuch durch massive Eingriffe seitens Produzent Paul Freeman (u. a. „Halloween 4“) und Regisseur Joe Chapelle („Phantoms“) selbst im P.C. kaum mehr etwas übrig. Die Unterschiede zum später veröffentlichten „Theatrical Cut“ (T.C.) sind dennoch gravierend.

Das offenbart bereits der Auftakt, in dem Michaels Nichte Jamie (J. C. Brandy, „Dogstar“) nach der Geburt ihres Babys aus der Gefangenschaft jenes heidnischen Kults fliehen kann, zu dessen Strippenziehern der am Ende von „Halloween 5“ (1989) eingeführte Unbekannte in dunkler Kluft zählt. Anders als in der Kinofassung, die Jamie ein grausames Ende in einer Erntemaschine finden lässt, überlebt sie die simple Messerattacke durch Michael im P.C. und wird mit Eintreffen von Dr. Loomis (Pleasance) ins Krankenhaus befördert – wo ihr der mysteriöse Mann in Schwarz später zu Leibe rückt. Ihr vorgelagerter Hilferuf via Radio veranlasst den von Michael besessenen Tommy Doyle (der spätere „Ant-Man“ Paul Rudd als weiterer Brückenschlag zum Original von 1978), ihren Spuren zu folgen und Jamies verstecktes Kind aufzuspüren. 

„I knew what he was, but I never knew why.“ – Dr. Loomis

Der P.C., dessen Arbeitstitel „Halloween 666 – The Origin of Michael Myers“ Farrands Ambition nachhaltig reflektiert, verfügt über eine dezentere Tonalität als der auf offensive Gore-Effekte ausgelegte T.C. Der Aufbau der Erstfassung vollzieht sich langsamer und ist in längeren Bildeinstellungen um eine dichtere Atmosphäre bemüht. Gestützt wird dieser Eindruck auch durch das größere charakterliche Augenmerk auf Loomis und seinen Kollegen Dr. Wynn („Lethal Weapon“-Schurke Mitchell Ryan), dessen Figur ebenfalls auf den wegweisenden Ursprung der Serie zurückgeht. Wynn möchte Loomis in die Medizin zurückholen, verfolgt aber Pläne, die den Kampf von Michaels alterndem Gegenspieler ins Gegenteil zu verkehren gedenken.

In Tommy, der sich intensiv mit der Thorn-Rune beschäftigt hat und Michael gen Ende gar mit Hilfe ausgleichender Schrift-Artefakte in Schach halten kann (eine für Slasher-Maßstäbe denkbar alberne Szene), findet Loomis einen treuen Unterstützer. Beim Hüten von Jamies Baby hilft ihm Nachbarin Kara Strode (Marianne Hagan, „Vampire Nation“), deren entfernt mit Michael verwandte Familie im ehemaligen Myers-Haus lebt und selbst ins Visier des Schlächters gerät. Stellvertretend für die Kluft zwischen den beiden Filmversionen steht dabei die Ermordung von Karas Vater (Bradford English) per Starkstrom, dessen unspektakulärer Variante im P.C. splattrige Übertreibung samt explodierendem Kopf im T.C. gegenübersteht. Nahezu verloren geht dabei auch die Übertragung eines heidnischen Fluchs, zu dessen Zweck Karas Sohn Danny (Devin Gardner) in den Sog des Kults gerät.

Der T.C. weist einen radikal veränderten Schlussakt auf, der die Klischee-Sektierer (mit ulkigen Roben und Keller-Kultstätte) und das mystische, Loomis‘ Bestimmung neu definierende Finale weitgehend ignoriert. Im P.C. geht es dem überraschungsarm enthüllten Mann in Schwarz darum, das ultimative Böse zu beherrschen und damit eine Verbesserung der Welt anzustreben. Wie das auf Basis gemeuchelter Teenies erreicht werden soll, bleibt allein sein Geheimnis. Bereits das belegt, dass auch der P.C. keinen zwingend überzeugenden Film darstellt. Dabei steht der Alternativfassung der Zwang im Weg, das Ursprüngliche des Mythos ergründen zu wollen. Der ikonische Schlitzer wird dabei vom Täter zum Werkzeug, in Teilen sogar selbst zum Opfer. Der Status des „Heiligen Slasher-Grals“ speist sich daher aus der lange nahezu unmöglichen Verfügbarkeit des erst 2014 offiziell veröffentlichten Producer’s Cuts. Der mag zweifelsfrei die bessere Version von „Halloween 6“ markieren. Wirklich weiter bringt er die Saga ungeachtet seiner hehren Prämisse trotzdem nicht.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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