Halb tot – Half Past Dead (USA/D 2002)

halbtotseagalDer alternde Haudegen Steven Seagal hat den karrieristischen Zenit längst überschritten. Seit geraumer Zeit jagt er dem einstigen Ruhm in mittelprächtiger bis unterübler Dutzendware hinterdrein. Dabei schien der unaufhaltsame Fall ins Bodenlose unmittelbar für den Videomarkt produzierter Billigfilme mit „Exit Wounds“ eine Kehrtwende vollzogen zu haben. Allerdings entpuppte sich auch diese letzten Endes nur als kurzer Rückfall ins Kino. Somit sollte eigentlich anzunehmen sein, dass mittlerweile auch der hinterletzte Schmierenproduzent keinen Pfifferling mehr auf Seagal geben dürfte. Doch belehrt der unverwüstliche Nahkampfputer den argwöhnischen Zweifler einmal mehr eines besseren. In schauriger Gestalt des von ihm auch Co-Produzierten Streifens „Halb tot“, aufgrund des irreführenden Titels weniger autobiographisch angehauchte Leinwandode als vielmehr strunzdummer Actioneintopf, versuchte der gestrauchelte Beschützer der Witwen und Weisen seinen sichtlich beleibten Körper im vergangenen Jahr noch einmal in ausgesuchte Lichtspielhäuser zu hieven.

Mit wenig durchschlagendem, wenngleich zumindest beachtlichen Erfolg, vermochte „Half Past Dead“ im Herstellungsland USA doch mit 15 Milliionen Dollar zumindest einen Teil des mit stolzen 25 Millionen Dollar realisierten Projektes wieder in die Kassen zu schwemmen. Ob dies allerdings als staatlich eingeräumte Mitleidstaxe für gefallene Sternchen am Handkantenfirmament anzusehen ist, bleibt an dieser Stelle reine Spekulation. Bei innigerer Betrachtung jedoch bildet der Film zumindest ein weiteres jenseits von Glanz und Glorie anzusiedelndes Beispiel für den sprichwörtlichen Griff ins Toilettenhäuschen deutscher Geldgeber, kam doch ein nicht unbedeutender Teil des zur Verfügung gestellten Budgets aus dem Lande der Dichter und Denker. Obendrein zeigte sich ein altes Stasigefängnis in Ost-Berlin als Kulisse für New Alcatraz (!) dienlich, jene legendäre amerikanische Justizvollzugsanstalt, die in „Halb tot“ nicht nur zur Ehre einer Wiedereröffnung gereift, sondern gleichwohl auch Endlager für die personifizierte Knochenmühle Steven Seagal bildet.

Sein undercover agierender FBI-Agent Sascha Petrosevitch wird nach New Alcatraz eingeschleust, um einem zum Tode verurteilten Häftling Informationen zum Lagerort seiner millionenschweren Beute zu entlocken. Dabei trifft Sascha auf seinen früheren Freund Nick (Ja Rule), für dessen Rettung der toughe Gesetzeshüter acht Monate zuvor mehrere Kugeln in den Leib bekam. Kurz vor der Hinrichtung des Todgeweihten übernimmt jedoch der Regierungsbeauftragte Donny (Morris Chestnut, „Alarmstufe: Rot 2″) mit einer Horde schwerbewaffneter Elitekämpfer die Kontrolle über den Komplex, um seinerseits an die Information des Lagerortes besagter Reichtümer zu gelangen. Doch haben die militanten Unholde die Rechnung nicht ohne Kampfmaschine Sascha Petrosevitch gemacht.

Aufgedunsen und mit hängenden Schultern streift Steven Seagal („Alarmstufe: Rot“) durch die Tristesse des ohne Rücksicht auf rapiden Realitätsverlust voranpreschenden Drehbuches. Dabei verrichtet er lethargisch und in der Tat „Halb tot“ seine brotlose Kunst des darstellerischen Vandalismus. Das krude und inhaltlich derart unschlüssige Kinodebüt des Serienregisseurs Don Michael Paul („Renegade – Gnadenlose Jagd“) sorgt zwar für gute Laune, obgleich stets an den falschen Stellen. Denn die durchaus bemühte Regie mit ihren rasanten Schnitten, der langen Schattengebung und der stilisierten optischen Aufmachung schert sich einen wahren Dreck um stringente Erzählstruktur, nachvollziehbare Handlungsabläufe oder darstellerische Überzeugungskraft und scheint einzig für eine minderjährige männliche Zielgruppierung im Rahmen 12-16-jähriger konzipiert worden zu sein.

Don Michael Paul verleugnet seine Herkunft aus dem Bereiche des Fernsehspieles in keiner Sekunde der 98-minütigen Spielzeit, wird bei den funkensprühenden Actionsequenzen doch peinlichst genau darauf geachtet, dass sich kaum ein Tropfen künstlichen Lebenssaftes in den glitzernden Regen verirrt. Man kann sich schlicht des Eindrucks nicht erwehren, hier mit dem auf Spielfilmgelänge gestreckten Special einer TV-Serie konfrontiert zu sein. Aber immerhin wird Dickhäuter Seagal artgesottenen Actionfans ein Stück weniger schwer im Magen liegen als zuletzt, auch wenn er dem Standard zersplitterter Knochen und zerschossener Gliedmaße ferner denn je erscheint. Was bleibt ist also eine beschauliche Anzahl schaupielerischer Eigentore, insbesondere seitens des mittelklassigen Rapgeschmeides Ja Rule. Neben ihm treten u.a. Claudia Christian („The Hidden“) und als unfreiwillig komische Dreingabe Hannes Jaennicke („Nur aus Liebe“) in Erscheinung.

„Halb tot“ bietet Action-Trash der B-Kategorie, dümmlich aber nicht unterirdisch. Freunde gepflegter Sinnlosigkeit können sich im Laufe dieses immerhin kurzweiligen Schnellkurses formalen Dilettantismus an dem nach einer Vollbremsung aus der Beifahrertür rauschenden Ja Rule, im Angesicht einer Fluchtmöglichkeit lieber Basketball spielende Sträflinge oder ein schier unerschöpfliches Arsenal an Handfeuerwaffen in den Gewölben der Gefängnisinsel Alcatraz ergötzen. Fest steht im Angesicht dieses faulen Budenzaubers jedoch nur eines, enttäuschen wird dieser Film garantiert niemanden!

Wertung: 3.5 out of 10 stars (3,5 / 10)

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