„Gefühle sind in der Kommunalpolitik keine feste Größe.“ – Emotionsbefreit: Der Bürgermeister
Willkommen beim Berliner „Haimatfilm“. In dem gibt es Lokalkolorit und Humor im Helge Schneider-Stil. Und natürlich einen Hai, der Bademeister Michael Gwisdek („Boxhagener Platz“) in der ersten Szene im Friedrichshagener Badesee um eine Hand erleichtert. Blut spritzt, der (kalkulierte) Trash hält Einzug und Freunde abseitiger Kinokunst reiben sich verschmitzt die Hände. Doch Pustekuchen, statt Monster-Terror servieren Sven Regener (Frontmann von Element of Crime und Autor von „Herr Lehmann“) und Leander Haußmann (Regisseur der „Herr Lehmann“-Verfilmung) redseligen Nonsens in Reinkultur.
Der übrigens nie gezeigte Hai bringt eine Riege kommunaler Kiez-Kauze auf den Plan, die sich um Entscheidungen mühen, mit der Krise umzugehen. Der versehrte Freibadwächter, den plötzlich eine Frauenhand am entstellten Arm schmückt, alarmiert den Bürgermeister (Henry Hübchen, „Alles auf Zucker“), der Arbeitskreise bildet und eine Panik verhindern will. Als Experten werden u.a. Polizist Detlev Buck (Regisseur von „Die Vermessung der Welt“), der von der Humboldt-Uni gesandte Fischexperte Tom Schilling („Agnes und seine Brüder“) und der „Reiche Mann von Friedrichshagen“ (Benno Fürmann, „Nordwand“) berufen. Und natürlich Hai-Jäger Snake Müller (Uwe Dag Berlin, „Hotel Lux“), der von Hawaii in die deutsche Kapitale zurückreist, weil die selbstgebastelte Greencard abgelaufen ist.
Um den Speckgürtel-„Jaws“ geht es fortan nur peripher. Denn neben ausgestellten Marotten der fast ausnahmslos Müller benannten Protagonisten sowie lose aneinandergereihten Endlosszenen über Wutbürger und Politikversagen wird das weitere Vorgehen diskutiert. Vera (Anna-Maria Hirsch) vom Stadtmarketing präsentiert verschiedene Ansätze („Badeverbot – in positiv“) und hält Freizeitschwimmer mit Freibier und Streichelzoo vom Gang ins gefährliche Nass ab. Regener und Haußmann, die an Gitarre und Mundharmonika am Bildrand für musikalische Untermalung sorgen, bieten theatralisch aufgesagte Dialoge und Absurdität en masse. Gute Gründe, das alles amüsant oder gar akut witzig zu finden, gibt es dabei nur wenige.
Trotzdem ist „Hai-Alarm am Müggelsee“ verkorkst genug, um beständig bei Laune zu halten. Es ist ein bisschen wie bei einem Verkehrsunfall, der trotz offenkundiger Schrecklichkeit zum Hinschauen verleitet. Spaß jedenfalls scheinen die Beteiligten dieses sehr speziellen Unterhaltungsprinzips gehabt zu haben, das gängige Formeln des Tier-Horrors zwar aufgreift, jedoch nie als reines Trash-Zitat ironisch reflektiert. Zu schade für einen illustren Kurzauftritt war sich jedenfalls auch Katharina Thalbach („NVA“) – als „Fröhliche Irre von „Friedrichshagen“ – nicht. Was soll man zu einem Film dieser Art schon sagen? Geschmackliches Mittelmaß gibt es nicht, entweder es gefällt oder eben nicht. Man mag beständig hin- und hergerissen sein, der Schreiber dieser Zeilen entscheidet sich trotzdem für einen (zumindest dezent) erhobenen Daumen.
Wertung: (6 / 10)