Green Day – Warning (2000, Reprise Records)

Eine Warnung scheint angebracht. Denn mit ihrem sechsten Album „Warning“ vollzogen GREEN DAY jene Wandlung, die spätestens nach „Nimrod“ (1997) unausweichlich schien: die zu waschechten Rockstars. Das schlägt sich unweigerlich im Sound der zwölf Songs nieder, die von der punkigen Grundierung der Vorgänger überraschend weit entfernt rangieren. Das veranschaulicht zum Start gleich der Titeltrack, der mit spürbarer Lässigkeit Abschied vom oft tempo-orientierten Sound der Vergangenheit feiert. Gefallen muss das nicht. Doch es zeigt, wie weit Billie Joe Armstrong & Co. der melancholischen Slacker-Mentalität der „Dookie“-Ära entwachsen waren.

Dass das längst auch musikalisch zutrifft, offenbart u. a. „Blood, Sex and Booze“, dessen rock’n’rollige Grundader an SOCIAL DISTORTION erinnert, „Church On Sunday“, „Castaway“ sowie die Referenz-Auskopplung „Minority“. Allerdings hinterlassen sie ungeachtet einer momentweise fast schon überstrapazierten Entspannungshaltung den nachhaltigsten Eindruck. Dabei ist es nicht so, als wäre „Warning“ ein schlechtes Album. Gefällige Ankerpunkte und erst recht spannende Sound-Variationen (samt einem Mehr an akustischen Gitarrenparts) gibt es genug. Nur resultieren daraus zu selten Impressionen, die über die Laufzeit der Platte hinausragen würden. Was GREEN DAY zugutegehalten werden muss, ist der Verzicht auf allzu vordergründig poppige Versatzstücke. Vielmehr wirkt es so, als wollte das Trio ein möglichst reifes Werk abliefern. Dass dabei mitunter der Unterhaltungswert abhandenkommt, ist das wahrscheinlich größte Versäumnis.

Dass es grundlegend anders geht, verdeutlicht etwa die RAMONES-Referenz zu Beginn von „Church On Sunday“. Die Kehrseite wird von Experimenten geprägt, die mehr Ambition als Überzeugungskraft aufweisen. Beispiele markieren das Chanson-eske, merklich überdehnte „Misery“, die Mundharmonika-influenzierte Folk-Nummer „Hold On“ oder das von Saxophon umspielte „Jackass“. Hinzu kommen Beiträge wie „Deadbeat Holiday“, die über die Anmutung einer Variationspalette bekannter Songschnipsel kaum hinausreichen. In Summe ist „Warning“ weichgespülter und im Kontext einer (noch) breiteren Publikumserschließung leichter zugänglich. Die damit verbundene Konsequenz: Das Plus an neuen Fans bedeutet zugleich die Abkehr alter Publikumsteile. Als dem Independent-Sektor entwachsene Chartstürmer dürfte sich die Trauer bei GREEN DAY in Grenzen gehalten haben; selbst wenn die Plattenverkäufe hinter den Major-Vorgängern zurückblieben.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

scroll to top