Green Day – Shenanigans (2002, Reprise Records)

Mit „45 Or 46 Songs That Weren’t Good Enough to Go On Our Other Records“ machten NOFX anno 2002 vor, wie eine B-Seiten-Compilation gestaltet sein sollte: umfassendes Programm und erläuternde Begleittexte zu sämtlichen Songs. Ähnliches boten LAGWAGON mit „Let’s Talk About Leftovers“ (2000). Das ist Dienst an der Zielgruppe. Und Fanbasis. Bei GREEN DAY und ihrer ebenfalls 2002 dargereichten Zusammenstellung „Shenanigans“ herrscht im Vergleich eher Dienst nach Vorschrift. Der Umfang mag mit 14 Stücken in soliden Sphären rangieren. Die Aufmachung bietet dazu allerdings keinerlei Mehrwert.

Den Stallgeruch des Schnellschusses kann die Scheibe auch hinsichtlich der Güte mancher Beiträge nicht tünchen. Denn mit ihren bis dahin herausgebrachten sechs Alben können die ergänzenden Songs der Kalifornier nur schwerlich mithalten. Trotzdem gibt es einige gefällige Stücke zu entdecken, etwa den Auftakt „Suffocate“, bei dem der Pop-Punk einmal mehr beständige Dynamik mit nettem Refrain verbindet. Auch „Desensitized“ (beide von der „Good Riddance (Time Of Your Life)“-Single), das surfige RAMONES-Cover „Outsider“ (von der „Warning“-Auskopplung), die FANG-Interpretation „I Want to Be On T.V.“ (von „Geek Stink Breath“), „Scumbag“ (ebenfalls von „Warning“), das rockige „Sick of Me“ (Beigabe der „Hitchin‘ a Ride“-Single), „Do Da Da“ (von „Brain Stew/Jaded“) oder das unveröffentlichte „Ha Ha You’re Dead“ gefallen.

Ihnen stehen mit „You Lied“ – ebenfalls von „Good Riddance (Time Of Your Life)“ –, dem rock’n’rolligen „Don’t Wanna Fall in Love“ (von „Geek Stink Breath“), dem THE KINKS-Cover „Tired Of Waiting for You“ (eine „Basket Case“-B-Seite), dem düster-poppigen „Rotting“ (einmal mehr von „Good Riddance (Time Of Your Life)“) oder der Folk-Rock-Nummer „On the Wagon“ (auch von „Basket Case“) jedoch Songs gegenüber, die vorrangig das Prädikat „Lückenfüller“ bedienen. Unterhaltsam ist das trotzdem – und es hat schließlich Gründe, warum die hier kompilierten Nummern nicht Teil der regulären Albumveröffentlichungen wurden. Das trifft, Aufmachung hin oder her, auch auf NOFX und LAGWAGON zu. Als Zeitverschwendung, erst recht nicht für Komplettisten, lässt sich „Shenanigans“ daher kaum abkanzeln.

Wenn der Scheibe mehr noch eines zugutegehalten werden kann, dann, das verschiedene Beiträge in späteren Jahren offensiver hervorgehobene Inspirationsquellen deutlich hervorheben. Zu diesen dürfen, neben den gecoverten RAMONES, fraglos THE CLASH oder GENERATON X gezählt werden. Ihre experimentelle Seite beweisen GREEN DAY überdies mit „Espionage“ (wieder von „Hitchin‘ a Ride“), mit dem das Trio seine Version eines Tarantino-Soundtrack-Beitrags vorlegt. Unter dem Strich also ein sicheres Kann, aber keineswegs ein unbedingtes Muss.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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