
Eines muss GREEN DAY zugutegehalten werden: Sie halten ihr musikalisches Erbe in Ehren. Wie könnte die Band auch anders verfahren? Mit „Dookie“ (1994) nahmen sie maßgeblichen Anteil am jüngsten Punk-Revival und legten mit „American Idiot“ (2004) gar einen weiteren prägenden Klassiker vor. An Hits mangelt es dem über die Jahre mehr zum Rock übergesiedelten Trio damit keineswegs.
Allerdings stießen nicht alle Experimente und Entwicklungen auf ungeteilte Gegenliebe. Das bislang letzte Studioalbum, „Father of All Motherfuckers“ (2020), trieb die stilistischen Richtungswechsel zwischen Rock’n’Roll und Pop-Rock weiter, als es vielen Fans und Kritikern zusagte. Dass sie ihren Vertrag mit Majorlabel Reprise damit erfüllt hatten, hielt GREEN DAY jedoch nicht davon ab, darauf noch einmal mit der Warner-Tochter zu kooperieren und die Retro-Liveauswahl „BBC Sessions“ herauszubringen.
Die 16 Tracks (ohne die Zusammenführung von „Brain Stew“ und „Jaded“ eigentlich 17) wurden zwischen 1994 und 2001 in den Maida Vale Studios in London für die BBC aufgenommen. Bereits das stimmt ob der Rückschau in punkigere Tage positiv und unterstreicht einmal mehr die einleitende Einschätzung. Die Sortierung der vier Sessions erfolgt anhand des jeweils veröffentlichten Albums:
„Dookie“ (1994)
01: She
02: When I Come Around
03: Basket Case
04: 2,000 Lights Years Away
„Insomniac“ (1995)
05: Geek Stink Breath
06: Brain Stew/Jaded
07: Walking Contradiction
08: Stuck With Me
„Nimrod“ (1997)
09: Hitchin‘ a Ride
10: Nice Guys Finish Last
11: Prosthetic Head
12: Redundant
„Warning“ (2000)
13: Castaway
14: Church on Sunday
15: Minority
16: Waiting
Der Studio-Livesound bietet exzellenten Klang und obendrein genug Möglichkeiten, den Albumversionen punktierte Variationsspielräume zu bescheren; erwähnt seien etwa die Textveränderung am Ende von „She“ („I’m taking speed just for for you.“), der Saxophon-Part bei „Church on Sunday“ oder vereinzelte „Oi!“-Zwischenrufe. Zudem erscheint – ganz im Sinne der eingangs erwähnten Konservierung ihres früheren Wirkens – sympathisch, dass dem „Dookie“-Kapitel mit „2,000 Lights Years Away“ auch ein Abstecher in die Prä-Major-Periode anhaftet.
Damit nicht genug, werden die „Waiting“-Beiträge (siehe dazu auch „Tune In, Tokyo…“, 2001) mit mehr Druck und Härte geschmettert. So schlagen GREEN DAY mit ihrem vierten offiziellen Live-Album, gerade nach dem insgesamt enttäuschenden „Father of All Motherfuckers“, versöhnliche (weil klassische) Töne an. Das Trio weiß eben genau, wie sich die (alten) Fans ködern lassen.
Wertung: (7,5 / 10)