„I’m an angel. I kill firstborns while their mamas watch. I turn cities into salt. I even, when I feel like it, rip the souls from little girls, and from now till kingdom come, the only thing you can count on in your existence is never understanding why.“ – Klare Ansage: Erzengel Gabriel
In den späten 90ern, kurz vor dem Millennium, hatte der Okkult- und Religionshorror Hochkonjunktur. Besonders die chiliastisch-apokalyptisch angehauchten Vertreter, man denke nur an Schwarzeneggers Abrechnung mit Luzifer in „End of Days“ zurück, der tatsächlich in den letzten Monaten des Jahres 1999 anlaufen durfte. Weniger konventionell ausgefallen ist da der bereits 1995 entstandene „The Prophecy“, der in teutonischen Gefilden als „God´s Army“ zum kleinen Kultfilm avancierte. Im Kino noch mit moderatem Erfolg gelaufen, wurde der Film von „Highlander“-Autor Gregory Widen erst auf dem Video Home System (VHS, anyone?) ein voller Erfolg.
Im Himmel tobt seit Jahrtausenden ein Bürgerkrieg. Der zweite, so weit ist es schon. Erzengel Gabriel (Christopher Walken, Oscar für „The Deer Hunter“) kann sich mit Gottes Zuneigung den Menschen gegenüber, wie einst der gestürzte Bruder Luzifer, auch nicht länger anfreunden. So bleiben die Himmelstore versperrt und die Seelen der Verstorbenen müssen nach dem Tod weiterhin auf der Erde ausharren – meist im eigenen Körper. In der Seele des verstorbenen Colonel Hawthorne glaubt Gabriel die ultimative Waffe für seinen Kampf gefunden zu haben. Denn der gute Colonel zu Lebzeiten ein Monstrum, dem die unvorstellbarsten Gräueltaten grade infam genug waren.
Allerdings schnappt sich Engel Simon (Eric Stoltz, „Killing Zoe“) die verdorbene Seele vor Gabriel und versteckt diese, bevor er sein (unsterbliches) Leben aushaucht, im kleinen Indianermädchen Mary (kam nochmal in Teil drei zurück: Moriah Shining Dove Snyder). Sie wird von Detective Thomas Dagget (Elias Koteas, „Crash“), der einst bei seiner Priesterweihe durch eine Vision vom Krieg im Himmel seinen Glauben verlor und die Kirche verließ, und der Lehrerin Katherine (Virginia Madsen, „Candyman’s Fluch“) beschützt, bis es im Indianerreservat zur finalen Konfrontation der Mächte kommt.
Der erste Part der Reihe ist zu Recht ein kleiner Klassiker des 90er-Horrorkinos. Gewiss nicht frei von Mängeln, schöpft der Film besonders aus Christopher Walkens grandioser Performance des kühl-hochmütigen und zudem zynischen Überwesens seine Klasse. Wer übrigens Madonnas Musik- bzw. Musikvideokarriere emsig verfolgt hat, dürfte sich an den Clip zu „Bad Girl“ (1993) erinnern, in welchem Walken seine Engelspersonifikation schon vorwegnahm – inklusive dem charakteristischen Hocken auf allen möglichen Gegenständen. Gabriel hat für die Äffchen, wie er die menschliche Spezies nennt, nur Hohn und Spott übrig, was er gerne und oft mit seinen trockenen Sprüchen anschaulich erörtert.
Doch die Tatsache, dass er mit den technischen Errungenschaften der Menschen absolut nichts anzufangen weiß, zwingt ihn dazu, sich eine menschliche Leibeigene (Amanda Plummer, „Pulp Fiction“) zuzulegen, damit ihn diese durch die Lande kutschiert. Einen kurzen, aber unvergesslichen Auftritt legt auch der spätere „Herr der Ringe“-Star Viggo Mortensen aufs Parket. Seine Darbietung des Fürsten der Hölle darf ruhigen Gewissens als eine der überhaupt besten im Genre bezeichnet werden. Positiv anzumerken ist auch, dass der Regisseur und Drehbuchschreiber Widen trotz des behandelnden Themas um biblische Prophezeiungen und Kriege im Himmel, nicht, wie es vielleicht zu erwarten gewesen wäre, auf eine allzu christliche Perspektive setzt.
Denn der Animismus der nativen Bevölkerung Amerikas und ihrer Praktiken bekommen eine große Rolle zugesprochen. So wird auch die entscheidende Schlacht nicht etwa in einer Kathedrale entschieden, sondern im Wigwam. An sich ist mit dem gelungenen Schluss die Geschichte zu Ende erzählt, doch spendierte man den mordlüsternen Flügelwesen noch vier weitere mehr oder weniger gute Fortsetzungen. Walken schlüpfte noch in den Teilen zwei und drei in die Haut des Boten Gottes, bevor die Reihe mit den back-to-back gedrehten Teilen vier und fünf die Marke des preiswerten Films Made in Romania aufgestempelt bekam.
Wertung: (8 / 10)