„You are doing drugs with guys. Something is definitely wrong with you.“ – Zeugnis einer Verwandlung: Brigitte
Die Fitzgerald-Schwestern sind anders. Ginger, 16 Jahre alt, und ihre unwesentlich jüngere Schwester Bridget fingieren für ein Schulprojekt diverse Arten der Selbsttötung und tun auch sonst alles, um sich von der Teenager-Masse abzuheben. Vehement verweigern sie sich adulten Normen und Verhaltensregeln, ja lehnen selbst das Erwachsenwerden an sich grundlegend ab. Mit der Konsequenz, dass bei beiden bislang die Monatsblutung ausblieb. Zufällig stellen sich die erste Menstruation und das sexuelle Erwachen Gingers zu der Zeit ein, als ein wildes Tier die Hunde der kleinbürgerlichen Vorort-Nachbarschaft zerfleischt.
Als ihre Schwester eines Nachts von der Bestie angefallen und schwer verletzt wird, beschleicht Bridget (Emily Perkins, „Prozac Nation“) bald der Verdacht, Ginger (Katharine Isabelle, „Freddy vs. Jason“) könne sich in einen Werwolf verwandeln. Immerhin sprießen aus den unnatürlich schnell heilenden Wunden weiße Haare und aus dem Steiß wächst ihr ein Schwanz. Während die unwissende Mutter (Mimi Rogers, „Lost in Space“) vor Stolz über die pubertäre Verwandlung der Tochter schwellt, nehmen Konflikte zwischen den Schwestern zu. Ginger entwickelt sich in Rekordzeit zur Aufreißerin, was Bridget rasch allein ins soziale Abseits drängt.
Mit dem morbiden Vexierspiel aus Coming of Age-Drama und klassischem Gruselfilm landeten Regisseur John Fawcett („The Dark“) und Autorin Karen Walton („Queer as Folk“) einen Überraschungserfolg. Die Verknüpfung naturgemäßer körperlicher Transformation, insbesondere die sich ausprägende Sexualität, mit den Mythen des Werwolf-Films hatte Neil Jordan schon mit „Zeit der Wölfe“ aufgegriffen. Statt eines märchenhaften Bezugs beugten Fawcett und Walton ihre Variation jedoch in Richtung des Teen-Horrors. Neue Aspekte ringen sie dem Stoff zwar nicht ab. Die beißende Ironie und die überzeugenden Jungdarstellerinnen machen das eigenwillige B-Picture aber allemal sehenswert.
Mit dem lokalen Grasdealer Sam (Kris Lemche, „eXistenZ“) forscht Bridget nach einem Mittel, die Verwandlung der zunehmend blutrünstigen Schwester aufzuhalten. Doch die Heilung scheitert an Gingers Verweigerung. Sie markiert lieber weiter den Vamp und infiziert gar einen Mitschüler. Auf dem Weg zum spannenden, wenn auch recht konventionellen Finale, darf Mutter Fitzgerald, nachdem sie auf eine Leiche im eigenen Garten gestoßen ist, in überschützender Problemlösungsstrategie satirischen Wahnsinn aufblitzen lassen. Die letzte Konfrontation aber tragen die Schwestern unter sich aus. „The Virgin Suicides“ trifft „Der Wolfsmensch“ – glänzend gespielter Independent-Horror mit Biss und gelungenen Tricks. Sehenswert ergänzt wurde die Geschichte übrigens mit einer Fortsetzung und einem Prequel.
Wertung: (7 / 10)