Nach „Dirty Dancing“ musste und wollte Patrick Swayze im Actioner „Ruf nach Vergeltung“ wieder den harten Mann raushängen lassen. Doch damit konnte er nicht annähernd einen ähnlichen Erfolg verbuchen. Erst als er wieder mit „Ghost – Nachricht von Sam“ zur Romantik zurückkehrte, war ihm der Erfolg wieder gewiss. Dennoch wechselte er unmittelbar danach wieder ins Actionfach zurück, um in Kathryn Bigelows „Gefährliche Brandung“ den Widersacher von Keanu Reeves zu spielen. Ein für alle Beteiligten durchaus lohnendes Unterfangen. Erste Sporen verdiente sich Bigelow nämlich mit „Blue Steel“. Als noch gelungener darf „Gefährliche Brandung“ bezeichnet werden. Daran hatte der verwegene aber nie unsympathische Patrick Swayze einen gehörigen Anteil, aber vor allem die packend inszenierten und großartig eingefangenen Actionszenen bleiben einem auch heute noch am ehesten in Erinnerung.
Der FBI-Agent Pappas (Gary Busey) wird auf die sogenannten Präsidenten angesetzt, eine Gruppe von Bankräubern, die bei allen Überfällen Masken ehemaliger US-Präsidenten tragen und von denen er glaubt, sie stammen aus dem Surfer-Milieu. Er selbst kann sich jedoch nur schwer in die hiesige Szene einschleusen, vielmehr setzt er den jungen Johnny Utah (Keanu Reeves) für den Job ein. Nachdem dieser Tyler (Lori Petty) näherkommt und sie ihm das Surfen beibringt, lernt Utah auch den charismatischen Bodhi (Patrick Swayze) besser kennen. Entgegen seinem Auftrag lässt sich Utah mehr und mehr auf die Lebensweise der Surfer – allen voran die von Bodhi – ein und verliert mehr und mehr den Boden unter den Füßen. Erst recht, als seine Identität auffliegt.
Warum nur brach nach ihrem wohl besten Film „Strange Days“ in der zweiten Hälfte der 90er die Karriere der Kathryn Bigelow ein? Wenigstens einen nennenswerten Grund liefern ihre drei bis dato gedrehten Filme auch heute noch nicht. Denn Bigelow vereinte gut dosierte Actionsequenzen mit einer detaillierten Beschreibung der Figuren und einer erzählerischen Tiefe. Kein Wunder, dass es auch „Gefährliche Brandung“ locker mit all dem üblichem Thriller-Einerlei locker aufnehmen konnte und auch heute sicherlich noch kann. Auch wegen einem braun gebrannten Patrick Swayze, der hier wirklich mal einen Rebellen spielt und nicht einen solch aalglatten wie in „Dirty Dancing“. Zwar hat auch er hier die Weisheit mit Löffeln gefressen, pendelt zwischen Draufgänger und Zen-Meister gleichermaßen. Aber die raue Schale mit weichem Kern steht ihm hier ausgesprochen gut. Sicherlich eine seiner besten Rollen überhaupt. Keanu Reeves kommt da wie so häufig nicht mit und steht jederzeit im übermächtigen Schatten seines Kontrahenten.
Zwischen den Annäherungen der Figuren und einem langsamen aber stetig anwachsenden Spannungsaufbau liegt ein weiterer Schwerpunkt auf den zahlreichen Actionsequenzen zu Wasser und in der Luft. Die Surfsequenzen sind grandios inszeniert und wirken wie aus einem Werbefilm. Doch auch die zahlreichen Fallschirmsprünge bieten Rasanz und stehen Pate für das Freiheits- und Lebensgefühl der Surferclique um Patrick Swayze. Abstriche muss man dagegen im Finale machen. Hier wird die Figur des Bodhi zu sehr glorifiziert. Auch der Liebesreigen zwischen Keanu Reeves und Lori Petty („Tank Girl“) wirkt nicht ganz glaubwürdig, da Reeves im Vergleich zu all den anderen Männern arg soft wirkt und er nicht gerade mit grenzenloser Ausstrahlung auffällt. Aber dies sind nur Kleinigkeiten in einem ansonsten guten Action-Thriller mit vielen tollen Bildern, bei dem zudem Gary Busey („Alarmstufe: Rot“) mal nicht den Vorzeigebösen spielen darf.
Wertung: (7 / 10)