Patrice Chéreau hat in seinem Leben schon vieles Inszeniert. Neben einer großen Zahl von Theaterstücken und Opern gehen auch einige der besten französischen Filme der letzten Jahre auf sein Konto. Neben dem epischen „Die Bartholomäusnacht“ geht unter anderem auch der gern als „kontrovers“ bezeichnete „Intimacy“ auf seine Kappe. Diesmal hat er sich eher auf seine Theaterwurzeln besinnt und inszenierte mit Isabelle Huppert, einer der Grande Dames des französischen Films, einen an eine Erzählung von Joseph Conrad angelehnten Film.
Das Haus von Jean (Pascal Greggory, „Wer mich liebt nimmt den Zug“) und Gabrielle (Isabelle Huppert, „I Heart Huckabees“) ist eins der beliebtesten in der feinen Gesellschaft. Einmal die Woche findet sich eine fidele Gruppe wohl situierter Bürger bei ihnen ein, um kultivierte Gespräche zu führen und nebenbei gut zu essen und zu trinken. Auch die Ehe der beiden läuft einwandfrei – jedenfalls nimmt Jean es so wahr. Als er jedoch eines Tages nach Hause kommt und einen Brief seiner Frau vorfindet, in dem sie ihm beichtet, dass sie ihn verlässt, ist er fassungslos. Schlimmer wird das ganze nur noch, als Gabrielle zu ihm zurückkehrt. Jean, bemüht die bürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten, versucht bis zur Selbstaufgabe das Geschehene zu ignorieren, Gabrielle auf der anderen Seite sucht weiter nach irgendeiner emotionalen Regung in ihrem Mann.
Wie auf einer Bühne inszeniert Chéreau die beiden Charaktere, die sich zwischen bürgerlichem Understatement und emotionaler Schieflage durch 90 Minuten manövrieren. Wenig Kamerabewegungen, gezielter, spärlicher Einsatz von Musik und die vollkommene Fixierung auf die Darsteller untermauern diesen Eindruck. Dabei ist das Drehbuch vielleicht etwas sehr weit hergeholt, die Monologe vielleicht etwas sehr ausladend, durch die beiden Hauptdarsteller fällt das aber nicht übermäßig negativ ins Gewicht. Denn sowohl Isabelle Huppert als auch Pascal Greggory füllen ihre Rollen fantastisch aus. Gerade Frau Huppert ist die Bühnenerfahrung in dieser Inszenierung deutlich anzumerken und kommt ihr auch sehr zugute. Wie die beiden sich vor den relativ statischen Hintergründen bewegen und wie vor allem Greggory immer wieder mit der Fassung ringt, ist genial.
„Gabrielle – Liebe meines Lebens“ ist ein sehr schöner, sehr französischer Film, der die Programmkinogänger dieser Welt sicherlich im Sturm erobern wird. Sicher, manchmal kommen die Metaphern mit Ansage und auch die potentiell überraschende Schlusswendung dürfte die Wenigsten unvorbereitet erwischen, aber eine gute Inszenierung eines klassischen Stoffs ist es allemal geworden.
Wertung: (7 / 10)