Wenn Regisseur Takashi Miike („Visitor Q“) zu Felde zieht, dann ist zumindest anhand der wenigen in Deutschland veröffentlichten Werke des Fließbandfilmers gemessen blutgetränktes Asienkino von gesteigerter Qualität zu erwarten. Allerdings entsteht in hiesigen Breiten oftmals der Eindruck, dem Handwerk Miikes entsprängen fast ausschließlich im Millieu japanischer Gangster angesiedelte Werke. Dass sich der emsige Verfechter schockierender Außenseitergeschichten jedoch praktisch in allen Genres zuhause fühlt und Innovationen wie auch Kontroversen als schmückendes Beiwerk in seine Filme integriert, war dem TIME-Magazine 1998 gar die Berufung unter die Top-Ten der wichtigsten nicht-amerikanischen Regisseure Wert.
Die Wartezeit auf die kürzlich im Rahmen des Fantasy Filmfestes gezeigte Groteske „Gozu“ wird durch die Verleihpremiere eines früheren Genrefilms Miikes, in diesem Falle „Full Metal Yakuza“ aus dem Jahre 1997, verkürzt.In dem beschließt der junge Hagane (Shoko Nakahara) aus tiefster Bewunderung zum ehrbaren Gangster Tousa (Ren Osugi), selbst ein Yakuza zu werden. Doch erweist sich der schüchterne Frischling als in jeder Hinsicht ungeeignet für das brutale Tagewerk des organisierten Verbrechens, so dass bereits am unteren Ende der hierarchischen Karriereleiter sein Todesurteil besiegelt wird. Als nämlich Tousa nach siebenjähriger Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen wird, soll Hagane ihn in Empfang nehmen. Nicht ahnend, dass auch sein aufrechtes Idol auf der Abschußliste unscheinbarer Hintermänner steht, werden die beiden Yakuza in einem tückischen Hinterhalt niedergeschossen.
Ein wahnsinniger wissenschaftler jedoch ersteht die geschundenen Körper auf dem Schwarzmarkt und kreiert einen fast gänzlich aus Metall bestehenden Superkrieger. Mit dem Herzen Tousas und dem Haupte Haganes versehen, startet der mit übermenschlichen Kräften ausgestattete Cyborg schließlich einen gnadenlosen Rachefeldzug gegen die hinterhältigen Urheber des fehlgeschlagenen Attentates. Was lässt sich wohl erwarten, wenn ein Regisseur des Standes Takashi Miike Elemente hinlänglich bekannter und dutzendfach kopierter Hollywood-Klassiker wie „Terminator“ und „RoboCop“ aufgreift, diese mit brutalem Gore-Trash anreichert und obendrein einen Hauch melodramatischer Liebesgeschichte darüber streut? Nichts anderes als einen höllisch wilden, stets am Rande hanebüchenen Unsinns rangierenden Cocktail aus Science-Fiction, Action und Drama. Dass „Full Metal Yakuza“ selbst im Herstellungsland Japan einzig für die Auswertung auf dem Videomarkt inszeniert wurde, verwundert angesichts dieses genreübergreifend plündernden Eintopfes nur bedingt, während die Verpflichtung Miikes als Rückkopplung zu seinen kreativen Wurzeln durchaus überrascht.
Denn auf formaler Ebene führt der begnadete Filmemacher den eng bemessenen Budgetrahmen auf den Gipfel des realisierbaren, während inhaltlich zugunsten des wüsten Unterhaltungsformates gehörige Abstriche in Kauf genommen werden. Die überzeugende Kameraführung zwischen verhaltener Beobachtung, per Hand gefilmter Bewegungshast und digitaler Ausführung bettet den Kontext Miike-typisch stilvoll bis erhaben in kühle, oftmals realitätsverzerrende Bilder, was den unterschwelligen Comicstilismus auf der einen Seite unterstreicht, ihm auf der anderen jedoch entgegenwirkt. Dass der wenig orginelle Racheplot durch die eingestreute Romanze des metallenen Killers mit der ehemaligen Freundin Tousas im zweiten Drittel darüber hinaus in eine völlig andere Richtung gelenkt wird, fügt sich beinahe nahtlos in die schier übermütige Umsetzung des Stoffes und stellt „Full Metal Yakuza“ in seiner Verwischung verschiedener Genregrenzen auf eine Stufe mit grotesken Gewaltexploitationen wie „Fudoh – The New Generation“ und „Ichi – The Killer“.
Denn die zumeist oberflächliche Tragik wird in der Hauptsache beherrscht von rüden Gore-Exzessen, in deren Zuge archetypische Blutfontänen munter aus Armstümpfen und enthaupteten Torsi sprudeln. Die Effekte sind in ihrer kostengünstigen Gesamtheit betrachtet herrlich trashig geraten, aus der Begrenzung der finanziellen Mittel wird wie so oft im asiatischen Raume keinerlei Hehl gemacht. Dies überträgt sich auch auf das überbordende Spiel eines Großteils der Akteure, darunter Shoko Nakahara („Visitor Q“), Ren Osugi („Uzumaki“) und Tomoro Taguchi („Tetsuo 1+2″). Gemessen an den bislang in deutschen Landen veröffentlichten Filmen Takashi Miikes rückt „Full Metal Yakuza“ in qualitativer Hinsicht dezent in den Hintergrund, wenngleich der Regisseur seinen B-Movie-Wurzeln sichtlich die Treue hält. Das ansprechend substanzlose Skript bietet dabei mehr als genug Raum zur kreativen Entfaltung auf mittlerem Niveau, was diesen filmischen Grenzgang weit über dem Standard typischer Direct-to-Video-Produktionen positioniert.
Die beizeiten stark an die orchestrale Untermalung der amerikanischen Wegbereiter anknüpfende Musik entspringt indes der Schmiede von Miikes Stammkomponisten Koji Endo („City Of Lost Souls“). So ist „Full Metal Yakuza“ trotz seiner offensichtlichen Ansiedelung in filmischen Niederungen ein Fest für Fans wohlig mülliger Asienphantasien und lässt die Wartezeit auf den nächsten Streifen Takashi Miikes zumindest spürbar abschmelzen.
Wertung: (6 / 10)