Mit „Für eine Handvoll Dollar“ feierte Sergio Leone einen sensationellen Erfolg. Der Italo-Western ward geboren. Noch bevor in der Folge die Flut der Epigonen losbrach, legte der Regisseur selbst nach. Mit 300.000 Dollar stand ihm dafür das Sechsfache des Budgets seines Durchbruchs zur Verfügung. Das erlaubte neben Clint Eastwood, der auf dem Weg zum Star abermals die Hauptrolle übernahm, die Verpflichtung eines weiteren Amerikaners. Die erste und zweite Wahl Leones, Henry Fonda und Charles Bronson, standen (noch) nicht zur Verfügung. Sie hoben sich für sein Meisterstück „Spiel mir das Lied vom Tod“ auf. Die finale Entscheidung fiel zugunsten des Charakterkopfes Lee Van Cleef („Zwölf Uhr Mittags“), der sich in dieser Zeit mangels Angeboten als Maler verdingte.
Die Eingangssequenz zeigt ein Wüstenpanorama. Der Platz der Kamera liegt auf einer Anhöhe. In der Ferne nähert sich ein Reiter. Gemütliches Pfeifen ertönt. Augenblicke später peitscht ein Schuss durch die kahle Prärie und putzt den Schemen vom Pferd. Mehr noch als im stilbildenden Vorgänger türmt Leone in der (Quasi-)Fortsetzung „Für ein paar Dollar mehr“ Leichen auf. Emotionen werden nur selten gezeigt. Die Energie der Protagonisten gilt der Auslöschung ihrer Gegner. US-Kritikern war das des zelebrierten Nihilismus zu viel. Dem Publikum hingegen gefiel es. Die diffuse Abstufung zwischen Gut und Böse, skrupellose Mörder als Heldenfiguren. In einer endzeitlichen Welt ohne klare Gesetzgebung – abgesehen vom praktizierten Darwinismus, dem Recht des Stärkeren – sind sie der Hauch von Rechtschaffenheit. Die Methoden sind die gleichen. Nur bleiben schlussendlich die Outlaws auf der Strecke.
Zu Beginn steht das Duell der Kopfgeldjäger: Eastwood hat plötzlich eine gefestigte Profession. Und einen Namen, Monco. Der Rest ist geblieben. Vom Poncho über die kurzen Zigarillos bis hin zur fehlenden Zimperlichkeit im Umgang mit seinen Gegnern. Colonel Douglas Mortimer (Lee Van Cleef) ist Pendant und Ergänzung gleichermaßen. Der Phase des Abtastens – und des gegenseitigen Durchlöcherns der Kopfbedeckungen – folgt die Kooperation. Schließlich gilt es dem aus der Haft geflüchtetem Killer Indio (Gian Maria Volonté, „Von Angesicht zu Angesicht“) das Handwerk zu legen. Bei der Größe seiner Bande ist ohnehin Kopfgeld genug für beide da.
Die zunehmende Stilisierung seines Handwerks führte Leone der Meisterschaft näher. Im Vorgänger hatte er die Mythen geschaffen, nun spielte er damit. Nicht nur inhaltlich, auch formal. Beispielsweise in von Schussgeräuschen überlagerten Schnittcollagen, an deren Ende stets ein zusammengekniffenes Augenpaar steht. Eine der unvergesslichsten Szenen gehört Charge Klaus Kinski („Leichen pflastern seinen Weg“). Provokateur Mortimer entfacht ein Streichholz an seinem Buckel, was Kinskis Gesicht an den Rand der Entgleisung treibt. Obwohl in Begleitung weiterer Gefolgsleute Indios, geht das perfide Spiel des Kopfgeldjägers weiter. Die Eskalation bleibt aus. Die Banditen haben besseres zu tun, gilt es doch die Verhaltensweisen der Bewachung um die örtliche Bank auszubaldowern. Aber aufgeschoben ist ja schließlich nicht aufgehoben.
Der raffinierte Plan des Raubzugs ist Aufhänger eines Verwirrspiels, bei dem Monco die Lumpen infiltriert und Mortimer auszuspielen versucht. Doch lässt sich dieser nicht so einfach ins Bockshorn jagen, schließlich hat er noch eine private Rechnung mit Indio zu begleichen. Leone würzt diesen frühen Höhepunkt des Genres mit staubtrockenem Humor. Stimmungsvoll untermalt wird das Szenario durch Ennio Morricones („The Good, the Bad and the Ugly“) treffliche Kompositionen. Neben den beiden Hauptdarstellern überzeugt Volonté als kaltblütiger, von den Geistern der Vergangenheit geplagter Psychopath. Drogen trüben seine Wahrnehmung, Loyalität ist ihm fremd. Sein Ende ist vorprogrammiert, wie das Ausklingen der Spieluhr. Ihr gebührt die Einleitung des finalen Duells – und die auf zweiter Ebene durchscheinende klassische Rachegeschichte. Ein schlichtweg begnadetes Werk.
Wertung: (9 / 10)