„Everybody be cool. You… be cool!“ – Vorkämpfer der Coolness: Seth Gecko
Als sich Quentin Tarantino und Robert Rodriguez 1993 beim Sundance Filmfestival kennenlernten, war dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Rodriguez sicherte sich mit seinem umjubelten Debüt „El Mariachi“ zwar den Hauptpreis der Jury, doch erlangte auch Tarantinos „Reservoir Dogs“ genug Aufmerksamkeit, um eine beispiellose Karriere anzustoßen. Dass die beiden ob ihres Faibles für blutrünstig hommagierendes B-Kino für ein gemeinsames Projekt zusammenfinden würden, war so sicher wie der Drehbuch-Oscar für „Pulp Fiction“. Doch was die beiden anno 1996 mit „From Dusk Till Dawn“ auf die Leinwand brachten, verblüffte selbst eingefleischte Fans der individualistischen Independent-Ikonen.
Die irre und unverzüglich zum Klassiker gereifte Mischung aus Pulp-Thriller und Splatter-Horror gliedert sich in zwei Teile. Die erste Hälfte gehört Tarantino, der das Drehbuch schrieb und neben (dem späteren) Superstar George Clooney („Out of Sight“) eine der Hauptrollen bekleidet. Gemäß seiner Handschrift wird die gewaltreiche Flucht der Gebrüder Seth und Richard Gecko (Clooney und Tarantino) nach Mexiko beschrieben. Zum Auftakt an einer Tankstelle blasen sie Michael Parks („Red State“) und John Hawkes („Deadwood“) das Licht aus und unterstreichen – zumindest im englischen Original – den Genius der rabiaten und Fuck-lastigen Dialoge („I will turn this place into the fucking ‚Wild Bunch‘, if you’re fucking with me.“). Dabei sah man Nicht-Schauspieler Tarantino nie so passend besetzt wie hier, fügt sich sein latentes Overacting doch trefflich ins Profil des psychopathischen Richard.
Ziel der Brüder ist die abgelegene Trucker-Kneipe Titty Twister, die von der Dämmerung bis zum Morgengrauen geöffnet hat. Um unbemerkt dorthin zu gelangen, entführen sie den vom Glauben abgefallenen Priester Jacob Fuller (Harvey Keitel, „Bad Lieutenant“) samt Tochter Kate (Juliette Lewis, „Natural Born Killers“) und Adoptiv-Sohn Scott (Ernest Liu). In deren Wohnmobil passieren sie die Grenze und nachdem sich die Anspannung beim legendären Schlangentanz von Salma Hayek („Desperado“) gelöst hat, bricht ein Streit mit der Belegschaft aus. Die gibt sich kurz darauf entgegen jeglicher erzählerischer Konvention als blutrünstige Vampirhorde zu erkennen. Von diesem Punkt an gehört der Film Robert Rodriguez, der mit Western-Inspiration und Actionbetonung die Sau rauslässt.
Dabei behilflich sind illustre Gaststars wie Blaxploitation-Star Fred Williamson („Boss Nigger“) und Effekt-Ikone Tom Savini („Zombie – Dawn of the Dead“). Williamson arbeitet detailreich das nicht verwundene Vietnam-Trauma auf, während Savinis Sex Machine einen ausklappbaren Revolver im Schritt offenbart, den Rodriguez bis heute in seinen Werken einsetzt. Neben den beiden besetzt Cheech Marin („Planet Terror“) gleich drei Rollen und schmettert u.a. die denkwürdige Pussy-Anpreisung am Eingang des zügellosen Etablissements. Auch der obligatorische Danny Trejo („Machete“) und John Saxon („Der Mann mit der Todeskralle“) finden sich auf der Besetzungsliste. Jedoch lichten sich die Reihen der Figuren gegen Ende rasch. Wenn Clooney einen Presslufthammer mit einem Holzpflock versieht, wird kurzzeitig gar dem Finale von „Braindead“ Tribut gezollt.
Um es kurz zu machen: „From Dusk Till Dawn“ ist Kult. Der Soundtrack von Tito & Tarantula (Sänger Tito Larriva spielte auch in „Desperado“ mit) trägt ebenso seinen Teil zum Gelingen bei, wie die handgemachten Masken von Robert Kurtzman, Gregory Nictoero und Howard Berger. Die begleiteten als KNB Group u.a. „Tanz der Teufel II“, aus dessen Fundus manche Fratze wiederverwertet wurde. Das rüde Spektakel bleibt dem Geiste des B-Films treu und wirkt nicht allein bei den durchwachsenen CGI-Tricks angenehm unperfekt. Doch ist es schon aller Ehren wert, was Rodriguez und Tarantino für schlappe 15 Millionen Dollar auf Zelluloid gebannt haben. Die beiden überflüssigen, von ihnen nur noch produzierten Aufgüsse können da nicht einmal im Ansatz mithalten.
Wertung: (8,5 / 10)