Frankensteins Braut (USA 1935)

frankensteins-braut„It’s a perfect night for mystery and horror. The air itself is filled with monsters.“ – Mary Shelley

Einem Film ein Sequel anzuhängen, ist eine verdammt heikle Angelegenheit. Noch prekärer wird die Sache, wenn das fortzusetzende Werk allseits als Klassiker angesehen wird. „Der Pate 2“, „Terminator 2“, „Das Imperium schlägt zurück“ oder aktuell „The Dark Knight“ sind Titel, die immer wieder erwähnt werden, wenn es um gelungene(re) Fortführungen geht. Cineasten älteren Semesters haben allerdings noch eine in petto, eine, die von vielen von ihnen sogar besser als das schon grandiose Original angepriesen wird: „Frankensteins Braut“.

Am Anfang steht der Prolog: Mary Shelley (Elsa Lanchester) erzählt ihrem Verlobten Percy Shelley (Douglas Walton) und dem anrüchigen George Gordon alias Lord Byron (Gavin Gordon), wie es um Dr. Henry Frankenstein (Colin Clive) und das von ihm erschaffene Monster (Boris Karloff) nach dem Ende von „Frankenstein“ bestellt ist. Der brillante Wissenschaftler hat sich von seinem Kampf mit der Kreatur in der brennenden Mühle noch nicht richtig erholt, da wird er auch schon von seinem früheren Dozenten Dr. Pretorius (Ernest Thesiger) spät nachts aufgesucht. Pretorius will ihn von seinem neuen Projekt unterrichten – und ihn zugleich für seine Mitarbeit gewinnen.

Pretorius weiß, dass das Monstrum nicht tot ist und möchte ihm eine Braut zur Seite stellen! Währenddessen torkelt der Kunst-Koloss durch die Gegend, vermöbelt aufgebrachte Bauern und freundet sich kurzzeitig mit einem blinden Eremiten an, bei dem er fortan leben darf. Die Kreatur erfährt zum ersten Mal in ihrer kurzen Existenz, was menschliche Nähe und Zuneigung bedeutet, sie erlernt sogar bruchstückhaft zu sprechen. Durch eine Verkettung unglücklicher Zufälle entführt das Monstrum schließlich, von Pretorius aufgehetzt, Henrys Frau Elizabeth (Valerie Hobson), um ihn zur Teilnahme an der Schaffung der Braut zu zwingen. Frankenstein willigt ein und ein paar Blitze später erwacht die Braut (ebenso Elsa Lanchester!) wie erwartet zum Leben. Doch der weitere Verlauf der Geschichte wendet sich zum absoluten Gegenteil dessen, was sich die gottspielenden Wissenschaftler erhofft hatten.

Vier Jahre nach dem Erfolg um den obskuren Wissenschaftler Frankenstein und seinen künstlich erschaffenen Menschen, ließ sich Regisseur James Whale zur Fortsetzung überreden, die sich in keinster Weise hinter den kolossalen Namen des Erstlings zu verstecken braucht. Wie schon erwähnt, wird das Sequel, welches noch den Arbeitstitel „The Return of Frankenstein“ trug, von vielen Liebhabern des klassischen Monsterkinos der 30er und 40er Jahre gar als der beste „Frankenstein“ aus der klassischen Karloff-Trilogie bezeichnet.

Der Plot führt die Geschichte sinnvoll weiter, es entsteht zu keiner Zeit der Verdacht, der Film verdanke seine Existenz nur geldgierigen Studiobossen. Für die Qualität steht gewiss auch die Tatsache, dass Whale völlige Entscheidungsfreiheit bei der Realisation hatte – heutzutage eine (fast) undenkbare Vorgehweise in den heiligen Studiohallen Hollywoods. Den Beteiligten vor der Kamera steht der Enthusiasmus allemal ins Gesicht geschrieben. Die auffälligsten (weil Overacting pur!) schauspielerischen Darbietungen bieten Ernest Thesiger als noch egomanerer „Re-Animator“ Dr. Pretorius und Una O´Connor als Minnie, die Frau mit dem irren Blick. Aber auch Elsa Lanchester, die anfangs noch als zierliche Mary Shelley zu sehen ist, darf zum Schluss in die legendäre Rolle der Braut schlüpfen, die sie mit einer Portion Exzentrik und Verwirrtheit grandios verkörpert.

Das evolvierende Monster wird von Boris Karloff – der eigentlich William Henry Pratt hieß – wieder exzellent verkörpert. Den Wechsel zwischen mitleiderregendem Kindskopf und atavistischem Jäger (und umgekehrt), meistert der gebürtige Engländer mit Bravour. Die Entwicklung, die sein geschundener Charakter im Laufe des Films machen darf, ist nur logisch und konsequent. Das Monster, das seine (verlorene) Menschlichkeit langsam wiederfindet, hat auch George A. Romero Jahre später in „.Day of the Dead“ übernommen, und mit dem Zombie Bub ein auch von der Optik her ähnlich angelegtes Monster geschaffen. Warum das Frankenstein-Monster später mehr Sympathieträger als Ungeheuer wurde, erklärt sich bei „Frankensteins Braut“ vor allem am Schluss.

Nicht unerwähnt bleiben sollen auch die unglaublichen Effekte der Miniatur-Homunculi des Dr. Pretorius, die auch nach fast 75 Jahren immer noch zu verblüffen wissen. Dennoch ist an der ersten „Frankenstein“-Fortsetzung nicht alles perfekt. Zugegeben, das Original ist auch nicht fehlerlos, dennoch stoßen auch hier wieder ein paar merkwürdige Ungereimtheiten sauer auf, so z.B. Pretorius´ Kenntnis der Tatsache, dass das Monster nicht tot ist. Den Spaß am Film und seiner kulturellen Bedeutung schmälert das aber in keinster Weise.

Genau 50 Jahre nach dem Erscheinen, genauer 1985, wurde übrigens ein Pseudoremake auf die Menschheit losgelassen, mit Pop-Star Sting als Baron Frankenstein, Clancy Brown („Highlander“) als Monster und Jennifer Beals („Flashdance“) als Braut. Ob nun „Frankenstein“ oder „Frankensteins Braut“ der bessere Film ist, muss jedermann für sich selbst entscheiden. Als Gesamtwerk sind sie beide Meisterwerke, die Kinogeschichte geschrieben und viele Filmemacher inspiriert haben dürften. Jeder, der sich als Horrorfilmfan bezeichnet, sollte beide Werke also wenigstens einmal gesehen haben.

Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

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