Fist of the North Star (USA 1995)

fistofthenorthstardaniels„It ain´t easy bein´ sleazy.”

George Miller und ein wortkarger, in staubige Lederkluft gehüllter Mel Gibson begründeten Ende der 70er mit „Mad Max“ das Genre des Endzeit-Actioners. Über die Jahre blieb der Ausbau jener zynischen Gattung Film vorwiegend Videoproduktionen und B-Movies vorbehalten. Denn mehr als karge Kulissen und Horden kostümierter Degenerierter brauchte es zur Realisierung eines solchen Streifens zumeist nicht. Dank Trash-Maestro Albert Pyun hielten mit Ausklang der 80er Maschinenmenschen Einzug in die Welt am Abgrund, was auf den Spuren des „Terminator“ bald ein weiteres Subgenre etablierte.

Ein durchaus streitbarer Beitrag auf dem Sektor des Endzeitfilms ist „Fist of the North Star“. Streitbar, weil das amerikanische B-Movie den gleichnamigen japanischen Kultcomic von Buronson und Tetsuo Hara, bzw. Toyoo Ashidas wuchtige Manga-Verfilmung, zu adaptieren versucht. Das dies im Grunde nur schief gehen kann, liegt bei Betrachtung des legendären gezeichneten Originals auf der Hand. Doch ist Tony Randels Version des Stoffes nah genug am Puls der epochalen Geschichte, um zumindest manch erinnerungswürdige Szene – wie das einen Wolkenkratzer durchbohrende Schiff – werkgetreu umzusetzen.

In unbestimmter Zukunft ist die Erde verwüstet, Zivilisation, wie wir sie kennen, zerschlagen. Ruchlose Biker-Banden unter dem Banner des diktatorischen Tyrannen Lord Shin (Costas Mandylor, „Virtuosity“, „Dinocroc“) überziehen die letzten Siedlungen freier Menschen mit Terror. Shin – die Faust des Südsterns – stört das Gleichgewicht der Kräfte empfindlich, als er sein nördliches Pendant Ryuken (Malcolm McDowell, „Uhrwerk Orange“, „Gangster No. 1“) tötet und dessen Sohn und Nachfolger Kenshiro (Gary Daniels, „Speed Rage“, „Night of Terror“) zum Duell herausfordert. Kenshiro unterliegt und bleibt schwer verletzt in der Einöde zurück, während seine Liebe Julia (Isako Washio, „Bloom in the Moonlight“) von Shin verschleppt wird. Doch ist die Faust des Nordsterns nur scheinbar aus dem Weg geräumt, und tritt den Unterdrückern bald mit unerbittlicher Strenge entgegen.

In düsteren Studiokulissen entscheidet sich der Kampf um den Fortbestand der Menschheit. Die kunstvoll gesponnene Vorlage wird straff auf ein schnörkelloses Mindestmaß gestaucht, seines großen Finales beraubt und auf den Standard eines kurzweiligen 90-Minüters zusammengepresst. Was arges vermuten ließe, entpuppt sich trotz des geringen Budgets als souverän gemeisterter Endzeit-Klopper. Die Atmosphäre ist gediegen aber stimmig, die Umsetzung trotz manch darstellerischem Vakuum überzeugend. Zu schulden bleibt dieser Hauch von Qualität in erster Linie den fachkundigen Beteiligten hinter der Kamera.

Regisseur Tony Randel („Hellbound – Hellraiser 2“, „Ticks“) verfasste in Zusammenarbeit mit Peter Atkins („Hellraiser 2-4“, „Wishmaster 1-4“) das Skript und verließ sich bei der Kameraführung auf die Erfahrung des Genre-Spezialisten Jacques Haitkin („Nightmare 1 & 2“, „The Hidden“, „Shocker“). Der unheilsschwangere Score stammt von Christopher L. Stone („Das Böse 2-4“, „Genetic Code“), für den Schnitt konnte Sonny Baskin („God´s Army“, „Under Pressure“) verpflichtet werden. Wie ein Uhrwerk greift Zahnrad um Zahnrad der B-Gardisten ineinander und fabriziert mit „Fist of the North Star“ ein ungewohnt straffes Action-Vehikel ohne Anspruch.

Allein die geschickt mit Rückblenden um die Person des Kenshiro spielende Erzählweise hebt den Film über den Durchschnitt stupider Action-Streifen hinaus. Denn bis kurz vor Schluss bleibt der Antrieb des schlagkräftigen Recken und die Wurzel seiner Agonie im Dunkeln und löst sich erst zum finalen Duell der Kontrahenten völlig auf. Das der britische Schlagetot Gary Daniels zu keiner Zeit den Ansprüchen der von ihm verkörperten Figur genügt, ist erwartungsgemäße Ernüchterung. Allerdings offenbart Daniels, zu dessen überschaubaren Stärken noch nie mimische Bewandtnis zählte, im Ansatz physische Präsenz. Das mag zwar nicht genügen um dem gescholtenen Charakter des Kenshiro Tiefe zu verleihen, füllt aber zumindest den Bildschirm mit beweglicher Muskelmasse.

Die darstellerischen Abstriche werden vor allem in Hälfte zwei durch solide in Szene gesetzte Prügelsequenzen überlagert. Die Choreographie der Martial-Arts-Intermezzi erweist sich als temporeich und – gemessen am Showdown – mit Gespür für den probaten Einsatz der Protagonisten umgesetzt. Denn wenn Gary Daniels die Glieder streckt, in Zeitlupe Sprünge vollführt und seinen Opponenten behände zusetzt schlägt das Herz des geneigten Fans deutlich höher. Er selbst soll wiederholt seinen Unmut über Tony Randels Umsetzung der Kampfszenen beteuert haben, doch wurde Daniels im Laufe seiner Karriere selten besser ins rechte Licht gerückt.

Wo die Vorlage nicht an extremer Brutalität und zur Schau gestellter Innereien geizt, beschränkt sich deren Realverfilmung auf die sparsame Dosierung drastischer Szenenfolgen. Zwar platzen auch hier Schädel, werden Knochen verbogen, Genicke gebrochen und Sehnen zerrissen, doch bleibt der fantastische Einschlag des Mangas eher im Hintergrund. Die Martial-Arts-Duelle sind mehr dem klassischen Stil des B-Movies verpflichtet und werden in erster Linie Freunde des – im Gegensatz zur rasanten Stilistik Hongkongs – langsameren amerikanischen Standards zufrieden stellen.

Überall wo fiese Fressen gefragt sind, darf Clint Howard („Ticks“, „Humanoids from the Deep“) natürlich nicht fehlen. Neben dem Bruder von Regisseur und Oscarpreisträger Ron Howard („A Beautiful Mind“) agieren Chris Penn („Reservoir Dogs“, „Short Cuts“), Melvin Van Peebles („Posse“, „Panther“), Dante Basco („Eine perfekte Waffe“, „Biker Boyz“), Andre Rosey Brown („Filofax“, „Barb Wire“) und Paulo Tocha („Predator 2“, „Stone Cold“). Eher „Mad Max“ meets Martial-Arts als der ernstzunehmende Versuch, dem ungezügelten Comic in stark vereinfachter Form Herr zu werden, ist „Fist of the North Star“ ein moderat überzeugendes, nur bedingt trashiges Handkanten-Spektakel vor dem Hintergrund des zivilisatorischen Untergangs. So dumm wie Toastbrot, aber deswegen längst nicht derart unsäglich wie die meisten anderen Filme des muskulösen Anti-Mimen Gary Daniels.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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