Auch im Survival-Thriller müssen die Herausforderungen größer werden, um das Publikum zu locken. Bei der Konzeption von „The Fall“ wurde das wörtlich genommen. Denn Schauplatz für Überlebenskampf auf engem Raum bietet ein 600 Meter hoher Fernsehturm im Nirgendwo der USA. Den besteigen die Freundinnen Becky (Grace Caroline Currey, „Shazam!“) und Shiloh (Virginia Gardner, „Marvel’s Runaways“) ein Jahr, nachdem Beckys Mann bei einer gemeinsamen Klettertour in den Bergen in den Tod stürzte. Vater James („The Walking Dead“-Star Jeffrey Dean Morgan) ist keine Hilfe und so eröffnet Shiloh die Idee der riskanten Turmbesteigung, um die an Depression und Alkoholsucht leidende Becky ins normale Leben zurück zu bringen.
Nun münden derlei Wagnisse in Filmen gemeinhin in die Katastrophe. Auf dem Weg dahin ignorieren die Freundinnen die offensichtliche Absperrung des Zielortes, während die an einem Tierkadaver herumknabbernden Aasgeier nur zu deutlich als Boten des kommenden Schreckens inszeniert werden. Auch mit den sich häufenden Einstellungen loser Verschraubungen und durchgerosteter Streben lässt „The Tournament“-Regisseur Scott Mann keinen Zweifel am Risiko des Unterfangens. Absehbarer kann das folgende Drama für die Zuschauerschaft kaum gemacht werden. Nur die beiden Abenteuerinnen lassen sich vom ruinösen Stahlriesen nicht abschrecken, der dem echten KXTV/KOVR-Funkturm in Kalifornien nachempfunden ist.
Und so kommt es, wie es kommen muss: Als Becky und die als Extremsport-Influencerin auf Likes erpichte Shiloh die schmale Plattform an der Turmspitze erreichen, bricht die Leiter weg und lässt die beiden in zwar aussichtsreicher, darüber aber nicht weniger aussichtsloser Position stranden – ohne Vorräte und mit nur wenig Ausrüstung. Als die Hoffnung, gefunden und gerettet zu werden, nach der ersten Nacht schwindet, bleiben nur riskante Maßnahmen, um die Außenwelt über die Notlage zu informieren. Wie gehabt offenbaren sich dabei auch persönliche Geheimnisse, die das Verhältnis der beiden Frauen zusätzlich belastet.
Um die Wirkung der Independent-Produktion zu erhöhen, wurde überwiegend auf einem Nachbau der Turmspitze im Freien gedreht. Vor allem visuell ist das ein Zugewinn. Wie so häufig im Survival-Sub-Genre bleibt der Überlebenskampf allerdings nicht unbedingt glaubhaft, was sich hier u. a. über konstante Umgebungstemperaturen und eher seichte Winde in luftiger Höhe äußert. Trotzdem versteht sich Regisseur, Produzent und Co-Autor Mann gekonnt darauf, das Publikum zu fesseln und am Schicksal des in Lebensgefahr geratenen Duos Anteil zu nehmen. Mehr noch, da einige Übertreibungen des Schlussdrittels – ähnlich dem ebenfalls von Mark Lane und James Harris produzierten „47 Meters Down“ – durch eine tragische Wendung egalisiert werden. Auch damit rangiert „Fall“ deutlich über dem Durchschnitt ähnlich gestrickter Beiträge.
Wertung: (6,5 / 10)