Singer/Songwriter kommen mit fast allem durch. Hauptsache sie schütten glaubhaft (und mit der nötigen Kurzweil) Herz und Hirn aus. Um einen Mangel an Zugänglichkeit muss sich Evan Freyer keine Sorgen machen. Seit fast zehn Jahren mixt der Wuppertaler als Alleinunterhalter verschiedene Musikgattungen zwischen Indie und Pop. Dass er mitunter um seifig schmalzige Zwischentöne nicht verlegen ist, mag sein Wirken auf den ersten Blick für einen breiteren Publikumskreis öffnen. Von Anbiederungstendenzen ist der vorrangig auf kleinen Bühnen domestizierte Vollblut-Musiker trotzdem sympathisch weit entfernt. Denn auch wenn es zwischenzeitlich einmal im rockigen Sinne lauter wird, steht seine kreative Ader doch vorrangig für leise, oft ironisch unterfütterte Töne.
Das bleibt auch auf seinem jüngsten Langspieler „Verpixelt“ so, der sich, der Titel nimmt es vorweg, im Zentrum mit den Irrungen und Wirrungen der zunehmend digitalen Welt befasst. Reine Akustikstücke spielen im Konglomerat der elf Tracks gewohntermaßen keine Rolle. Stattdessen zieht sich die Unterstützung durch bewährte Kräfte an Bass (Moritz Jentsch) und Schlagzeug (Martin Zhang) auch durch diese Platte wie ein roter Faden. Deren Auftakt, das angestrengt originelle und bisweilen holprig gereimte „Prost“, ist glücklicherweise nicht als Maßstab des Gesamtwerks zu betrachten. Denn bereits das folgende „Im Feuer“ entpuppt sich als lupenreine Pop-Hymne mit Suchtfaktor. Mit „Weißes Rauschen“, „8-Bit-Generation“ und dem von gewöhnungsbedürftigen Sprechgesangspassagen überschatteten „Irrlicht“ setzt es in der Folge weitere wohlige Ohrwürmer.
Am besten ist Evan Freyer aber immer dann, wenn die Verbindung von Pop und (Indie-)Rock mit kritischen Untertönen versehen wird. So wie bei „Digitaler Held“ (nur echt mit 56k-Modem-Einwahlgeräusch), dem als Kommentar auf das Web-Gebaren der undifferenziert kritischen Masse angelegten „Ongida“ oder dem erwähnten, den Weg in den radikalen Islamismus nachzeichnenden „Irrlicht“. Die grundlegend positive Formulierung der Texte lässt den ernsten Subtext auf den ersten Blick kaum erkennen. Die klangfarbliche Ausnahme bildet das unterschwellig unbequeme „Nicht blinzeln“, das die Bandbreite von Künstler und Album noch einmal einnehmend verdeutlicht. Als kontrastierender Faktor wird kurz vor Ende das augenzwinkernd selbstverliebte „Der Geilste“ in den Ring geworfen, ehe Freyer mit „Im Tal“ zum Abschluss einen schwelgerisch abrechnenden Blick auf seine Heimatstadt wirft. Vom mäßigen Start abgesehen ist „Verpixelt“ eine wunderbare Scheibe, die selbst in ihren schwächeren Momenten zeigt, dass Singer/Songwriter mit allem durchkommen können.
Wertung: (7,5 / 10)