Das Mittelalter steckt voller geschichtsträchtiger Ereignisse und Personen, die sich ihre Faszination bis in die Gegenwart bewahrt haben. So wie Henry VIII. (1491-1547), der auf der Suche nach dem geeigneten Thronfolger gleich sechs Ehefrauen verschliss und währenddessen mit der römisch-katholischen Kirche brach. Eine seine Töchter war Elizabeth I. (1533-1603), die ihre Halbschwester Maria Tudor nach deren Tod als Regentin ablöste und mit 25 Jahren zur Königin des englischen Empires aufstieg. Ein Schicksal, wie gemacht für die große Leinwand.
Ihre (Anfangs-)Geschichte erzählt Shekhar Kapur („Die vier Federn“) mit historischer Präzision und bemerkenswertem Aufwand. „Elizabeth“ zeigt den Aufstieg der berühmten Herrscherin, die von Rom und der katholischen Welt als Ketzerin vehement angefeindet und bekriegt wurde. Widerstand aber regte sich auch in den eigenen Reihen, schließlich akzeptierte die anglikanische Monarchin den Katholizismus nicht als einzige Religionslehre. Auch ihre Verweigerungshaltung gegenüber taktischer Eheschließung brachte Feinde auf den Plan, die in Hinterzimmern an der Ermordung der „Virgin Queen“ feilten.
Gespielt wird Elizabeth von Cate Blanchett („Der Herr der Ringe“), die für ihre faszinierende Darbietung verdient Oscar-nominiert wurde. Nach ihrer Krönung muss sich die lebenslustige Prinzessin in die Rolle des Staatsoberhauptes in sämtliche Rechte und Pflichten einarbeiten. Zu ihrem wichtigsten Vertrauten wird Sir Francis Walsingham (Geoffrey Rush, „Shine“), zugleich ihr persönlicher Beschützer. Mit seiner Hilfe muss sie sich allerlei undurchsichtiger Intrigen erwehren, in der Hauptsache ausgeheckt und vorbereitet vom Duke of Norfolk (Christopher Eccleston, „The Others“).
Kapur schwelgt in atmosphärischen Bildern und detailgetreuer Ausstattung. Bei aller optischen Pracht geht es ihm jedoch nicht vorangestellt um visuelle Schauwerte, sondern die genaue, nicht selten irritierend verschachtelte Narration. Die wirft mit Richard Attenborough („Hamlet“), Fanny Ardant („8 Frauen“), Daniel Craig („Casino Royale“) und Vincent Cassel („Agents Secrets“) bis in kleine Nebenrollen (seinerzeit) vielversprechende bis alteingesessene Darsteller ins dramaturgisch erstaunlich nüchtern aufgetischte Geschehen. Hohe Konzentration wird zum Pflichteinsatz des Zuschauers.
Bei aller Verweigerung des konventionellen Erzählkinos kommt der wohlgemerkt kitschfreie Herzschmerz nicht zu kurz, wenn sich Elizabeth als Herrscherin von ihrer Liebe, dem Earl of Leicester (Joseph Fiennes, „Shakespeare in Love“) lösen muss. Überhaupt verzichtet das großartige Historienopus auf sämtliche Schnörkel und widmet sich der ausschweifenden Eskapaden des Adels und der Doppelmoral der katholischen Kirche. Am Ende überwindet Elizabeth alle Widrigkeiten über die Tilgung von Individualität und Geschlecht. Sie wird unangreifbar. Wie der Film selbst. Ein starkes Stück Geschichtskino.
Wertung: (8 / 10)