Elementarteilchen (D 2006)

elementarteilchenDen Kundigen von Michel Houellebecqs Roman „Elementarteilchen“ dürfte Oskar Roehlers Verfilmung Kopfzerbrechen bereiten. Die deutsche Adaption bedient sich einer der französischen Vorlage ebenbürtigen Radikalität – wenn auch im Hinblick auf die Konventionalisierung. Der Film zum Buch ist eine zum Teil sehr freie Interpretation der pornografischen Geschlechterphilosophie, die ungeachtet dramaturgischer Zielvorgaben des Kinos aber reibungslos funktioniert. Trotz Eindeutschung bleibt der streitbare Kern, die Huxley’sche Utopie der totalen Trennung von Sexualität und Reproduktion, erhalten. Am Schicksal der Halbbrüder Michael (Christian Ulmen, „Herr Lehmann“) – introvertierter Bücherwurm mit Hang zur Genialität – und Bruno (Moritz Bleibtreu, „Das Experiment“) – schwanzgesteuerter Intellektueller mit Hang zur Selbstzerstörung – arbeitet sich Roehler an marginalen Verifizierungen jener These ab, ohne je ein klares Ziel anzusteuern.

Vor Jahren hat Michael in Irland seine Forschungen zur Biogenetik überstürzt abgebrochen. Die honorige Anstellung in einem Institut kündigt er, um die alten Theorien nachhaltig auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Kurz vor seiner Abreise begegnet er Jugendfreundin Annabelle (Franka Potente, „Blueprint“) wieder, die Michaels emotionale Reserviertheit nur schwerlich verkraftet hat. Bruno, dessen gescheiterte Ehe ihn geradewegs in Suff, Psychiatrie und Esoterik-Camp treibt, findet auf der Suche nach sexueller Erfüllung in Christiane (Martina Gedeck, „Das Leben der anderen“) eine vermeintliche Seelenverwandte. Im Geflecht dieser Beziehungen finden die Halbbrüder temporären Halt. Doch das Leben meint es nicht gut mit ihnen.

Die philosophische Doppelbödigkeit von „Elementarteilchen“ ist ein Trugschluss. Die Gedankengänge um Stammzellenforschung und Klonen als Nährboden sexueller Entfremdung spielen im Film keine Rolle. Wurden Michaels Theorien im Buch schließlich falsifiziert, erhält er im Nachspann des Films den Nobelpreis. Die Schere zwischen Original und Adaption übt phasenweise den Spagat. Das bedeutet wahrlich nicht, dass sich Autor und Regisseur Oskar Roehler („Agnes und seine Brüder“) bedeckt hielte, doch folgt er nur grob der Richtung von Houellebecqs kontroversem Bestseller. Bei aller Kritik ist „Elementarteilchen“ kein schlechter Film, sondern ein emotional aufwühlendes Melodram, das in erster Linie durch die überzeugenden Akteure – allen voran Moritz Bleibtreu und Martina Gedeck – Gewicht erhält.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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