Ein Colt für 100 Särge (I/E 1968)

eincoltfuer100saerge„Dein idiotischer Bruder hat sich umlegen lassen. Hab’ ja gleich gesagt, dass er ein Arschloch ist. Ihr seid alle Versager. Lässt sich von einem umlegen, der Wasser säuft.“ – Corbett

Was nur hat ein Zeuge Jehovas in der Armee verloren? In etwa so viel, wie ein Priester im Hurenhaus. Da liegt das Problem des bigotten Soldaten Jim Slade (Peter Lee Lawrence alias Karl Hirenbach, „Sando Kid spricht das letzte Halleluja“), der sich vor der Gewaltausübung am Feind, ja selbst dem Konsum von Alkohol verschließt. „Ein Mann der nicht ab und an einen zur Brust nimmt ist keiner“, spricht das Militärgericht der Konföderierten und verurteilt ihn, Strafe muss sein, wegen Kriegsdienstverweigerung zu schwerer Zwangsarbeit. Als der Bürgerkrieg für den Süden verloren geht, wird er begnadigt. Bei seiner Rückkehr auf die elterliche Farm muss er jedoch feststellen, dass seine Familie ermordet wurde.

Was den Anschein bemühter Ernsthaftigkeit erweckt, entpuppt sich bald als unbekümmerter, oft unfreiwillig komischer Rachewestern. Die frommen Vorsätze außer Acht lassend, besorgt sich Jim eine Waffe, lässt sich das Schießen beibringen und macht sich an die Aufspürung der Schuldigen. Den ersten befreit er vom Galgen, nur um ihn darauf selbst zu richten. Wenig später sind auch die nächsten beiden tot. Probleme bereitet nur Corbett (Piero Lulli, „Der Mann mit der Kugelpeitsche“), der sich als Oberhaupt einer ganzen Bande entpuppen muss, damit „Ein Colt für 100 Särge“ nicht bereits nach zwanzig Minuten ein vorzeitiges Ende findet.

In einer von den Banditen bedrohten Stadt lässt sich der milchgesichtige Pistolero als Sheriff anheuern und stellt sich ihnen, unterstützt vom ebenfalls frömmelnden Scharfschützen Douglas (John Ireland, „Django spricht kein Vaterunser“), in den Weg. Für zusätzlichen Trubel sorgt eine Horde zwangsweise im örtlichen Gefängnis einquartierter Geisteskranker (u.a. Eduardo Fajardo, „Django“), die vom hysterischen Geschrei bis zum irren Glotzen alle Kaliber launig überzogenen Schauspiels abdecken. Dazu passend gibt es humorige Querschläger der deutschen Synchronisation („Vorsicht ist die Puffmutter im Nonnenkloster.“) und ausreichend Action. Nur für charakterliche Tiefe blieb kein Platz mehr.

Die zahlreichen Wendungen und Kniffe sind nicht unbedingt absehbar, darüber aber kaum weniger hanebüchen. Regie führte Umberto Lenzi, der sich meist durch Kannibalen- und Zombiefilme wie „Mondo Cannibale“ hervortat. Sein zweiter Beitrag zur Welle des Italo-Westerns bleibt flach, legt dafür aber ein ordentliches Tempo vor. Im Kugelhagel unter geht die psychologische Entwicklung des Antihelden, dessen streng religiöser Hintergrund im weiteren Verlauf gar komplett vergessen wird. Aber wer mag sich daran schon stören, so lange es ordentlich knallt und die Bösen das bekommen, was ihnen zusteht? Ein auf seine Art liebenswerter, wenn auch ziemlich dämlicher Film.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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