Ein Mann erwacht in völliger Dunkelheit. In einiger Entfernung leuchtet in Sekundentaktung ein grelles Licht auf und durchzuckt die Schwärze wie ein monotoner Blitzschlag. Aus den daraus resultierenden Standbildern werden zunehmend fließende Bewegungen. Die von Schlamm bedeckte Gestalt bahnt sich ihren Weg zur Quelle des Lichts, einer an den Kleidern eines Toten befestigten Lampe, und schickt sich mit ihrer Hilfe an, einen Weg aus dem unterirdischen Verlies zu finden. Erst spät bekommt der Mann einen Namen. Er heißt Tolbiac. Dies ist seine Geschichte.
Die Hauptrolle füllt Frankreichs Shootingstar Clovis Cornillac („Asterix bei den Olympischen Spielen“) mit ausdrucksstarker Souveränität. Über weite Strecken agiert er allein. Die meisten anderen Darsteller bleiben hinter Schutzmasken verborgen. Auch gesprochen wird nur wenig. Wer ist er? Wie kam er an diesen Ort? Und was geht dort vor? Die Fragen Tolbiacs sind die des Zuschauers. Antworten findet er nur spärlich. Doch sie entblößen ein Experiment nach biblischer Vorgabe. Die menschlichen Allmachtfantasien gegenüber der göttlichen Schöpfung haben auch hier ihren Preis. Ein Virus verwandelt Menschen in groteske Kreaturen. Auch ihnen begegnet er auf seinem mühevollen Weg an die Oberfläche.
Für Tolbiac wird diese zunehmend gefahrvolle Odyssee durch schwarze Schächte und zerstörte Labors zur Suche nach der eigenen Identität. Mehr noch als die nach einem Ausweg. Auf eine Art ist er selbst Teil dieses Systems. Nur welche? Stück für Stück, wie ein Puzzlespiel, setzt sich die bittere Wahrheit zusammen. Lange Zeit ist nicht einmal klar, ob der Film in Schwarz-Weiß oder Farbe gedreht ist. Die Finsternis, das darin lauernde Unbekannte, herausgearbeitet durch eine beklemmende Soundkulisse, hält die Spannung hoch. Leichte Unterhaltung ist das mitnichten. Mehr eine experimentell existentialistische Sinnsuche.
Der Reiz von „Eden Log“ liegt darin begründet, dass die Unwissenheit Tolbiacs die des Zuschauers ist. Dahingehend erinnert „Eden Log“ an Vincenzo Natalis „Cube“, ebenfalls ein unbequem eigenständiger Debütfilm. Franck Vestiel, der sich als Regieassistent bei Filmen wie „Blueberry“ und „Them“ hervortat, bedient sich Motiven klassischer Dystopien und zollt visuell dem expressionistischen Kino Deutschlands Tribut. Das Setdesign der Anlage bleibt in seiner nachvollziehbaren technischen Beschaffenheit zeitlos gehalten. Der Film könnte sowohl in der Vergangenheit, als auch der Zukunft spielen. Das mehrt bei aller Anstrengung die Faszination. Bis zum Spekulationen anheizenden Finale. Ein bemerkenswerter Erstling.
Wertung: (7 / 10)