Das Terrorkino verfügt über ein ausgeprägt nihilistischen Hang zu sozialem Kommentarismus. Filme werden zu Salz in den Wunden einer Gesellschaft, die Tendenzen von Verrohung und Gewalt hilflos gegenüber steht. Im gegenwärtigen England ist es die Welle an Jugendmorden, die neben Erschütterung vor allem Ratlosigkeit hervorruft. Die Selbstverständlichkeit, mit der das Leben eines anderen Menschen im Konflikt aufs Spiel gesetzt wird, ist unmöglich zu durchbrechen, wenn die Ursache behavioristischer Entgleisungen keiner rationalen Erklärung unterworfen werden kann.
Eine solche liefert auch „Gone“-Co-Autor James Watkins nicht, der mit seinem verstörenden Regiedebüt „Eden Lake“ eine nervenzerreißende Variation des Backwood-Horrors präsentiert. Darin wollen Kindergärtnerin Jenny (Kelly Reilly, „Puffball“) und ihr Freund Steve (Michael Fassbender, „300“) ein Wochenende an einem See in der englischen Provinz verbringen, bevor das unberührte Idyll einem groß angelegten Bauvorhaben weichen muss. Als sie an eine Bande einheimischer Halbstarker (u.a. Thomas Turgoose, „This is England“) geraten und die Situation eskaliert, entwickelt sich der Trip zum Alptraum.
Der Aufhänger des Naturparadieses, das vom menschlichen Fortschrittswahn verschlungen wird, erinnert nicht von ungefähr an John Boormans Klassiker „Beim sterben ist jeder der erste“. Hier wie dort schaukeln sich Provokationen hoch, bis das Mittel der Gewalt alle moralischen Grenzen beiseite wischt. Der Unterschied liegt im Alter der Täter. Waren es bei Boorman buchstäblich degenerierte Hinterwäldler, sind es bei Watkins Kinder, deren elterliches Umfeld zwar beiläufig vorgelebte Gleichgültigkeit vermittelt, jedoch nicht als relativierende Begründung für eine enthemmt brutale Menschenjagd dient.
Die Gräuel überkommen Protagonisten und Zuschauer physisch unmittelbar und in schonungsloser Direktheit. Im quälenden Martyrium der Städter bricht Watkins nicht mit den Vorgaben des Genres und verzichtet doch auf eine grundlegend exploitative Zurschaustellung körperlicher Qualen. Er hinterfragt nicht, er zeigt nur und gewinnt der Unberechenbarkeit des Stoffes selbst am konstruiert wirkenden Finale noch eine radikale Eindringlichkeit ab, die „Eden Lake“ deutlich über Gewalt-Pornos der Ausrichtung „Hostel“ positioniert. Kein zwingend außergewöhnlicher Film, dafür ein ungemein intensiver.
Wertung: (7 / 10)