Die 13-jährige Tracy (Evan Rachel Wood) ist im Grunde noch ein Kind. Sie spielt gern mit ihren gleichaltrigen Freunden in der Nachbarschaft und hat sich bisher nicht sonderlich für ein extravagantes oder cooles Auftreten interessiert. Das ändert sich jedoch, als sie auf der High School auf die gleichaltrige Evie (Nikki Reed) trifft, die durch ihre knappe Kleidung und ihr selbstbewusstes Auftreten das bisherige Bild von Tracy schnell beeinflusst und nachhaltig verändert. Fortan gibt es für Tracy nur ein Ziel, nämlich genau so zu sein wie ihr neues Idol Evie. Bei dieser kann sie zunächst allerdings nicht wirklich landen, ein kurzer Dialog und eine vermeintliche Verabredung zum Shoppen sind da schon alles.
Eine gestohlene Geldbörse ändert die Situation, denn nun kann der für Tracy bereits geplante Shopping-Trip steigen und Evie ist von ihrem Mut überzeugt. Von nun an sind die beiden unzertrennlich und verbringen jede nur erdenkliche Minute miteinander. Tracy beginnt schnell sich zu verändern und passt ihr Äußeres dem von Evie an. Die Klamotten werden kürzer, der Umgangston rauer und die Einstellung gegenüber ihrer Mutter Melanie (Holly Hunter) rebellischer. Diese bewohnt mit Tracy und ihrem älteren Bruder Brady (Jeremy Sisto) ein Haus in einem etwas ärmlicheren Viertel der Stadt, der Vater der beiden lässt sich nicht blicken.
Hassobjekt Nummer eins ist für Tracy jedoch Melanies Freund Mason (Brady Corbett), der wieder einmal nach einer seiner zahlreichen Entziehungskuren bei ihr einzieht. Doch auch Evie, die von ihrer Tante durchgefüttert wird, nistet sich bei ihnen ein, was zusätzlich für Spannungen sorgt. Evie führt Tracy nach und nach in eine neue Welt. In der gehört das Interesse an Männern ebenso dazu wie Alkohol, Drogen und Selbstverstümmelungen. In der zunehmenden Eskalation entgleitet den Mädchen zunehmend die Kontrolle.
„Dreizehn“ beginnt recht hart. Zwei scheinbar arg unter Drogen stehende junge Mädchen versuchen nacheinander, sich bewusst blutig und bis zur Besinnungslosigkeit zu prügeln. Wo andere Teenager-Dramen mit der moralischen Keule verdroschen wurden oder wie in Larry Clarks „Kids“ gar keine Perspektive oder Chance mehr haben, bietet dies hochgelobte Werk einen realistischen und teilweise drastischen Blick hinter die Fassade junger Pubertierender. Im wirklichen Leben hieß eine davon Nikki Reed, die mit 14 Jahren ihre Erlebnisse niederschrieb. Catherine Hardwicke hat daraus einen Film gemacht, in dem Reed selbst eine tragende Rolle spielt und eine sehenswerte Leistung abliefert.
Doch auch die Rolle der Tracy wurde mit der bereits als Schauspielerin erfahrenen Evan Rachel Wood („The Missing“) mehr als achtbar besetzt. Die beiden Jungmiminnen liefern sich ein packendes Duell, bei dem sie ein ums andere Mal die Schmerzgrenze überschreiten. Doch gerade in diesen Momenten spielt der Film seine Stärken vollends aus und stellt das Geschehene realistisch dar. Dabei wird nicht übertrieben und nicht verharmlost. Neben dem recht schnellen Verfall Tracys in einem Sumpf aus Drogen, Sex und selbstzerstörerischer Gewalt wird auch die Hilflosigkeit der Eltern, hier verkörpert durch die grandios aufspielende und Oscar-nominierte Holly Hunter („Das Piano“), gegenüber der unaufhaltsamen Konsumgier ihres Sprösslings aufgezeigt.
Der alltägliche Konkurrenzkampf und die Angst, nicht cool genug zu sein oder von Mitschülern ausgestoßen zu werden, ist überall auf den Schulhöfen zu sehen. Dies mag nicht unbedingt immer so dramatisch enden wie hier, doch ist auch mit „Dreizehn“ noch nicht die Speerspitze erreicht. Die Authentizität resultiert jedoch nicht nur aus den gänzlich überzeugenden Leistungen der Darsteller oder den realen Hintergrund, sondern auch aus der dokumentarisch angehauchten Inszenierung. Ein einfacher Film für Zwischendurch ist „Dreizehn“ wahrlich nicht, doch spricht er schonungslos ein großes Problem der Jugendkultur an, für die der Film aber auch keine Lösungsvorschläge bietet.
Wenn sich zwei benebelte Teenager bewusst ihre unschuldigen Gesichter zu klump prügeln, 13-jährige im Konkurrenzkampf erste Gruppensex-Erfahrungen sammeln oder alles an Drogen konsumieren, was ihnen in die Finger kommt, dann mag manch einer den erhobenen Zeigefinger heben. Doch möchten die Macher lediglich auf Probleme aufmerksam machen und erlebtes erzählen. Seine Lehren muss jeder selbst daraus ziehen.
Wertung: (8 / 10)