Nachdem die für Jean-Claude Van Damme mühevollen 80er dann gen Ende doch noch einen positiven Verlauf nahmen, schickte sich der belgische Recke zu Beginn der 90er Jahre an, den Action-Thron zu stürmen und jahrelang erfolgreichen Totschlägern wie Stallone und Schwarzenegger Paroli zu bieten. Dies gelang ihm im deutschen Kino mit „Leon“ schon ganz anständig, in dem er sich von seinem grobschlächtigen Image ein wenig Richtung „Mensch“ verabschiedete und sogar als Co-Autor fungierte. Der Film lockte etliche Hunderttausend Besucher in die Kinos, ein noch größerer Erfolg sollte sich aber dann mit der Ausschlachtung auf Video herausstellen. Einen weiteren Schritt tat der umtriebige Belgier dann mit seiner zweiten Zusammenarbeit mit Regisseur Sheldon Lettich im gleichen Jahr, als sie gemeinsam „Double Impact“ realisierten, den bis dato aufwendigsten Film des Karate-Heroen.
Hongkong mindestens zwei Dekaden vor den eigentlichen Geschehnissen. Der Architekt Paul Wagner (Andy Armstrong) eröffnet feierlich mit seinem Partner und Geldgeber Nigel Griffith (Alan Scarfe) einen gemeinsam gebauten Tunnel. Stunden später befindet sich Paul mit seiner Frau sowie den beiden Neugeborenen Zwillingen Chad und Alex auf dem Heimweg, als sie in einen Hinterhalt geraten und von einer Killerbrigade der Mafia getötet werden. Der noch kurz zuvor gerufene Leibwächter und Freund der Familie Frank (Geoffrey Lewis) kommt trotz aller Eile zu spät, kann jedoch mit einem der Zwillinge, Chad, fliehen. Alex wird von der Hebamme der Wagners mitgenommen und in ein Kloster gebracht. Jahre später ist Chad (Van Damme) unter tatkräftiger Hilfe seines „Onkels“ Frank zu einem erwachsenen Mann gereift, beide betreiben in Los Angeles ein gut gehendes Fitness-Center. Chad weiß nichts von seiner Vergangenheit, Frank jedoch bemüht sich schon seit geraumer Zeit den verlorenen Zwilling ausfindig zu machen. Dies gelingt ihm auch und die beiden machen sich nach Hongkong auf, wo sie auf einen ebenso verdutzten wie griesgrämigen Alex (auch Van Damme) treffen. Frank bemüht sich nach Leibeskräften, die beiden völlig unterschiedlichen Brüder zum Kampf gegen Griffith und den Triadenboss Raymond Zhang (Philip Chan) zu bewegen. Doch bevor die ungleichen Leidensgenossen in den Krieg ziehen, müssen beide sich erst einmal die Hörner abstoßen.
„Double Impact“ darf wohl sicherlich als erster großer Film der belgischen Beulenstirn van Damme angesehen werden, denn im Gegensatz zu seinen Vorgängern verfügt dieser über ein deutlich höheres Budget und auch der Name Michael Douglas, der mit seiner Firma Stonebridge die Produktion des Streifens übernahm, zeugt von mehr Gehalt als bspw. der Schriftzug Golan-Globus zu jener Zeit. Van Damme fühlte sich nach einigen erfolgreichen Direct-to-Video-Hits dann auch imstande als Co-Produzent und Co-Autor zu fungieren, was zumindest hier dem Film nicht wehtat. Regisseur Sheldon Lettich bewies mit erwähntem „Leon“ zwar nicht den großen Wurf und vor allem seine dritte Zusammenarbeit mit Van Damme eine Dekade später in „The Order“ stellt für beide einen künstlerischen Tiefpunkt dar, doch darf „Double Impact“ in seinen zukünftigen Bewerbungsschreiben gut und gerne erwähnt werden. Dies liegt neben einer ordentlichen Produktion auch an Mr. Van Damme himself, dem die Rollenteilung allem Anschein nach sichtlich Spaß gemacht hat und man ihn wohl selten so enthusiastisch und mit Eifer auf der Leinwand sah.
Die Action ist bis zum letzten Drittel wohl dosiert, hier und da gibt es immer mal wieder kurze Keilereien und Schusswechsel, doch so richtig drehen die Macher erst im Schlussakt auf. Dort gibt es dann zahlreiche Shoot-Outs sowie etliche gut choreographierte Zweikämpfe, in denen Van Damme zeigen darf, was er kann. Und das war zu diesem Zeitpunkt nicht wenig, auch wenn sich manche Dinge in jedem Film wiederholten. Doch garnierte Lettich diese sich im Grunde stetig wiederholenden Tritte, Schläge und Sprünge durch den Einsatz von Zeitlupen, Licht- und Schatten-Spielen oder verstärkenden Kameraeinstellungen, so dass vor allem die Kampfszenen deutlich über den Durchschnitt gehoben wurden. Dabei darf es auch schon mal etwas härter zugehen, aufgeschlitzte Kehlen oder spritzende Blutbeutel inklusive. Nicht ohne Grund war die hier erhältliche 18er Version in einigen Szenen entschärft.
Neben einem doppelten und gut aufgelegten Van Damme, dessen mimische Fähigkeiten hier nicht so negativ ins Gewicht fallen wie sonst gerne einmal, gibt es abermals ein Aufeinandertreffen der alten „Bloodsport“-Widersacher in Form von Bolo Yeung. Dieser spielt hier merklich böse ein Kraftpaket ohne Ausstrahlung, dafür aber mit dickem Bizeps und vernarbtem Gesicht. Weitere bekannte Gesichter bietet „Double Impact“ in Form von Geoffrey Lewis („Barrett“, „Tango & Cash“) und Raymond Chan („Hard Boiled“, „Police Story 3“), die beide solide in ihren Rollen agieren. „Double Impact“ gehört sicherlich zu den besseren Filmen des belgischen Stiernackens, denn die Action ist wirklich ansehnlich, zudem die Drehorte exotisch ausfallen und der Film eigentlich nie für große Langeweile sorgt. Hin und wieder darf man als Fan der Pestbeule aber dennoch getrost die Hände vors Gesicht schlagen, vor allem wenn Van Damme zu Beginn in hellblauen Leggins muntere Karate-Kicks samt Spagat vorführen darf. Ob nun unfreiwillige Komik oder gewollt sei dahingestellt, der Film macht auf seiner Ebene Spaß und nur das zählt.
Wertung: (5 / 10)