Django – Die Nacht der langen Messer (I 1970)

django-nacht-der-langen-messerDie Daily Soap im Westernformat: Intrigen, Mordlust, Familienzwist, Liebe, Amnesie, dazu ein Banküberfall und melodramatische Überfrachtung. „Django – Die Nacht der langen Messer“ ist ein seltsamer Film. Nicht nur im Titel, der weder mit der Hauptfigur noch der Handlung in Einklang zu bringen ist. Django heißt eigentlich Chuck Moll, oder dem Originaltitel entsprechend Ciakmull, was aber nicht weiter tragisch ist, da er – in allen Varianten gespielt von Leonard Mann („Drei Amen für den Satan“) – sich ohnehin an nichts erinnern kann. Seit drei Jahren schmachtet er nun, unter Gedächtnisverlust leidend, in der Abteilung für Geisteskranke im Zuchthaus. Wie er dort hingelangt ist, wird sein Geheimnis bleiben. Wahrhaft trefflich geplant indes erscheint der unweit von statten gehende Überfall auf eine Postkutschenladung Gold. Um die Wachen abzulenken, legen die Banditen Feuer. Natürlich im Gefängnis.

In den chaotischen Wirren gelingt Django, zusammen mit den Schicksalsgenossen George Eastman („Django und die Bande der Gehenkten“), Pietro Martellanza („Bleigericht“) und Woody Strode („Keoma“), die Flucht. Das Quartett wird zu einer schlagkräftigen Einheit, was gleich eine Gruppe Kopfgeldjäger zu spüren bekommt, die den Geflohenen nachhetzt. Fortan geht es um das Auffinden der Beute und die Enträtselung von Djangos Identität. Denn der weiß nur eins, dass er schneller schießt als jeder andere. Wie es der Zufall so will, führen Gold und Vergangenheit in die gleiche Stadt. Denn der Banditenführer ist zugleich der Spross des größten Widersachers von Djangos Vater. In inniger Durchtriebenheit aber wird dem Unwissenden eingeredet, er wäre der Filius des Schurken und der eigentliche Erzeuger verdiene den Tod. Wäre da nicht Sheila (Ida Galli, „Ein Loch im Dollar“), die Tochter des Schufts und seit jeher Djangos Liebesinteressentin, der Frevel bliebe wohl unbemerkt. So aber kriegt der gehörnte die Wut und die Schurken akute Bleivergiftung.

Der Film zieht keinen Nutzen aus all den zum Teil abstrusen Verwicklungen, weil viel zu früh mit den Fingern auf deren Urheberschaft gezeigt wird. Denn neben Blutfehde, Goldsuche und Rekonstruktion der eigenen Historie ist da auch noch innerfamiliäre Feindschaft gesät, steckt doch Djangos Bruder hinter der Amnesie. Nur das warum soll an dieser Stelle nicht verraten werden, bürgt dieses doch für die einzige – und final wohl ausgeschlachtete – Überraschung des gesamten Plots. Über dem, vorabendserientypisch wie er daherkommt, liegt Riz Ortolanis („Sie verkaufen den Tod“) grundlegend gute Musik, die aber mehr an „Schwarzwaldklinik“ denn „Spiel mir das Lied vom Tod“ erinnert. Mit der dramatisch aufgeplusterten Klimax bringt sich das nur bedingt in Einklang. Gleiches gilt auch für den Humor, der einmal mehr von einer mitunter ins alberne driftenden deutschen Synchronisation begünstigt wird.

Inhaltlich trägt der Film von Enzo Barboni („Die rechte und die linke Hand des Teufels“), später für die Serienproduktion ulkiger Klopper mit Bud Spencer und Terence Hill verantwortlich, reichlich dick auf. Also muss die Optik bestechen, was sie nachhaltig auch tut. Barboni, hier unter dem bekannten pseudonym E.B. Clucher angeführt, war früher selbst Kameramann – unter anderem bei Corbuccis „Django“-Original. In Kooperation mit Mario Montuori („Das Leben ist ohne Gnade“) schafft er eine Fotografie, die in Einstellung und Winkel als wahrhaft glanzvoll zu bezeichnen ist. Im Zusammenspiel mit dem dynamischen Schnitt ergeben sich zahlreiche Höhepunkte. Einer davon zeigt sich, wenn Schergen der Drahtzieher die angeheuerten Bankräuber in einem Hinterhalt niederknallen. Dabei werden Nahaufnahmen von Coltläufen und losschnellenden Hähnen mit getroffen aus dem Sattel plumpsenden Statisten kombiniert.

Die formalen Stärken tünchen den Eindruck eklatanter Drehbuchschwächen. Das Skript bedient von der einschlägigen Duellsituation bis zur launigen Kneipenschlägerei beinahe jedes Klischee und räubert sich nebenbei noch unverhohlen durch andere Genrewerke. Wenn die Kopfgeldjäger im Wald mit List und Tücke erledigt werden, erinnert das an den Showdown aus „Heute ich… morgen du“ (1968), während die Ausgangssituation des erinnerungsschwachen Pistoleros bereits in „Django spricht das Nachtgebet“ (1968) Verwendung fand. Die Spielfreude der Darsteller und die gute Action sorgen für Kurzweil. Und dieser immerhin überdurchschnittliche Gesamteindruck lässt sich auch nicht vom Ballast aufgesetzter Tragik trüben. Ein anspruchsloses Massenwerk in edler Verpackung. In der Summe wenig ausgereift, dafür mit hohem Unterhaltungswert.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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