Wann ist ein Mensch ein Mensch?
Die Werke des Jack Arnold, und seien sie noch so offenkundig als B-Produktionen zu erkennen, haben Geschichte geschrieben. Mit Sci-Fi- und Monster-Perlen wie „Gefahr aus dem Weltall“ (1953) „Der Schrecken vom Amazonas“ (1954) oder „Tarantula“ (1955) schuf der 1916 geborene Filmemacher Klassiker der Universal-Grusel-Ära. Zu Arnolds bedeutendsten Schöpfungen zählt auch „The Incredible Shrinking Man“, aus dem im Deutschen „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“ wurde. Die Vorlage lieferte Schriftsteller Richard Matheson („I Am Legend“), der seinen Roman mit Unterstützung von Richard Alan Simmons („Juggernaut“) gleich selbst zum Drehbuch umfunktionierte.
Subtilität ist dabei nicht gerade Trumpf, wenn sich während der Anfangstitel im Hintergrund eine bedrohliche Wolke formiert und die weiß gefärbte Silhouette eines Mannes am Bildrand beständig verkleinert. Aber Arnold war eben nicht für komplexe Erzählstrukturen bekannt, sondern für effektvolle B-Filme mit einem Mindestmaß an Tiefgang. Für dieses sorgen existenzialistische Gedankenspiele im Überlebenskampf des titelgebenden Scott Carey (Grant Williams, „The Leech Woman“). Nachdem er auf dem Meer radioaktivem Nebel ausgesetzt ist, beginnt er Monate später plötzlich zu schrumpfen. Erst sitzt die Kleidung lockerer, danach muss sich Gattin Louise (Randy Stuart, „Man From God’s Country“) beim Küssen nicht mehr auf die Zehenspitzen stellen.
Der ärztliche Befund, und sei er noch so unerklärlich, macht es nicht besser. Denn der Verkleinerungsprozess scheint unaufhaltsam. Für den Attest des phantastischen Dilemmas investiert Arnold das erste Drittel des rund 78-minütigen Films. In seiner recht biederen, dabei aber immerhin aufs Wesentliche beschränkten Narration, hat die Geschichte dabei durchaus Staub angesetzt. Die Distanz zwischen Scott und Louise wächst, je mehr er schrumpft. Mit dem Interesse der Öffentlichkeit an seinem kuriosen Schicksal zieht er sich mehr und mehr zurück. Bald wohnt er in einem Puppenhaus, in dem er von einer eigentlich ausgesperrten Hauskatze attackiert wird. Die zurückbleibenden Kleidungsreste lassen Louise vermuten, dass ihr Gatte ums Leben gekommen ist.
Ein großer kleiner Überlebenskampf
Doch in Wahrheit sitzt er im Keller fest, wo er Wasser aus einem tropfenden Boiler trinkt und Käse aus einer Mausefalle isst. Mit dem Ausklingen des einleitenden Geplänkels und den sich offenbarenden Gefahren der zunehmend unüberwindbaren Umgebung läuft Arnold zu großer Form auf. Ehemals kleine Spalten werden plötzlich zu Abgründen, Holzbalken zu Bollwerken. Bis heute bemerkenswert ist das Set-Design, das dem Miniaturmenschen eine Streichholzschachtel als Behausung beschert. Dass „The Incredible Shrinking Man“ bis heute wunderbar funktioniert, liegt dabei auch an den eindrucksvollen Kamera-Effekten von Clifford Stine („Das todbringende Ungeheuer“).
Die Spannung im Überlebenskampf erhöht eine Tarantel, die sich im Keller eingenistet hat und vor einem Fenstergitter haust, durch das Scott erst ins Freie gelangen kann, wenn der Schrumpfprozess weiter fortgeschritten ist. So muss er sich, nur noch wenige Zentimeter groß, dem „Spinnenmonster“ stellen, solange die Kraft noch ausreicht und er groß genug ist, die Wand bis zu ihrem Netz vor dem einzigen Ausweg zu erklimmen. Dass Taranteln eigentlich in Spalten oder Erdlöchern leben, hält den Däumling aber nicht davon ab, den Kampf gegen die Arachnide mit einer Stecknadel bewaffnet aufzunehmen. Und obwohl dieser gen Tier-Horror driftende Aspekt nur eine Ausprägung von Scotts Abenteuer bildet, so ist er innerhalb der Geschichte doch der nachhaltig prägendste.
Das liegt auch daran, dass der Showdown dramaturgisch fantastisch orchestriert erscheint und in seiner visuellen Umsetzung bis heute beeindruckt. Für Scotts dezent überflüssige Off-Kommentare gilt das hingegen weniger. Allerdings bleiben die in dieser zunehmenden Untergeschoss-Robinsonade eine Notwendigkeit, um die zweite Hälfte des Films nicht völlig wortlos erscheinen zu lassen. Ungeachtet vereinzelt altbackener Elemente hat Arnolds zeitloser Klassiker auch bald 70 Jahre nach seiner Produktion nichts von seiner Faszination eingebüßt. Und das auch durch die philosophisch angehauchte Schlussszene, die dem „Incredible Shrinking Man“ nicht nur eine weitere völlig neue Welt eröffnet, sondern ihn mit dem Universum auch ins Reine kommen lassen.
Wertung: (8 / 10)