Die Rache des weißen Indianers (I/RUS 1993)

die-rache-des-weissen-indianersDer Italo-Western lebt von den einsamen Helden. Franco Nero, der durch die Verkörperung des Django zu Weltruhm gelangte, ist der letzte von ihnen. 1987, als niemand mehr einen Pfifferling auf die europäische Pferdeoper gab, schlüpfte er in der einzigen offiziellen Fortsetzung „Djangos Rückkehr“ noch einmal in seine Paraderolle. Sechs Jahre später, das Genre war längst für tot erklärt, legte er noch einmal nach. Der internationale Erfolg von Costners „Der mit dem Wolf tanzt“ – in Kombination mit Eastwoods „Erbarmungslos“ – führte zu einer kurzzeitigen Wiederbelebung des Westerns, nicht zuletzt einer bemüht realistischen Aufarbeitung des Schicksals der amerikanischen Ureinwohner.

Dies kurze Funkeln am Horizont nutzte Regisseur Enzo G. Castellari („Leg ihn um, Django“), um Genre-Ikone Nero noch einmal gekonnt in Szene zu setzen. Dabei orientierte er sich deutlich an ihrem gemeinsamen Spätwerk „Keoma – Melodie des Sterbens“, wobei er den indianischen Hintergrund der Hauptfigur deutlich üppiger auskleidete. „Die Rache des weißen Indianers“ setzt auf opulente Bilder und stilisierte Blutbäder, überstrapaziert im Gegenzug aber den Kontrast zwischen edelmütigen Rothäuten und teuflischen Bleichgesichtern. Da pfeift neben dem Wind auch das Pathos durch die Baumwipfel, wenn sich eine aufgesetzte Ökobotschaft mit praller Action paart.

Als Junge musste Jonathan Kowalski (Nero) mit ansehen, wie Banditen seine Eltern töteten. Er wuchs mit einem ebenfalls verwaisten Bärenjungen auf, ehe ein nahe gelegener Indianerstamm ihn aufnahm. Jahre später ist aus dem ängstlichen Kind ein knurriger Mann geworden, den die Rache für den Tod der Familie nicht loslässt. Noch bevor er alle Täter gerichtet hat, lässt er von seinem Plan ab und findet endlich Frieden. Bis Unternehmer Goodwin (John Saxon, „Der Mann mit der Todeskralle“) im Indianergebiet Öl findet und mit allen Mitteln versucht, sich des schwarzen Goldes zu bemächtigen. Für die Bewahrung von Natur und Stammesehren zieht Jonathan in den Kampf. Nicht ohne Hintergedanken, war doch auch Goodwin an der Ermordung seiner Eltern beteiligt.

Jonathan, der weiße Indianer, der wie Robin Hood zwei Pfeile auf einmal zielsicher in des Gegners Extremitäten platziert, ist von einer Aura umgeben, die sich aus märchenhaftem Kitsch nährt. Die Fotografie lässt manche Übertreibung in der Weichzeichnung verzeihen, in ihrer Summe aber längst nicht alle. Der Symbolismus des gerechten Kampfes gegen die Zerstörer der Natur, die Brandmarkung der rücksichtslosen Industrialisierung wirkt zu plakativ, als das Castellari die simple Intention wirklich glaubhaft vermitteln könnte. Auf der Habenseite verbucht der ambitionierte Streifen solide Darsteller und stimmige (Natur-)Kulissen. Die verklärende Erzählung aber lässt sich nicht durch schöne Bilder und in Zeitlupe angehäufte Leichenberge egalisieren. Ein packendes, wenn auch moralisch allzu naives Vergnügen.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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