Dass der gemeine Franzose nur bedingt freundschaftlich auf seinen germanischen Nachbarn zu sprechen ist, daraus macht der mitteleuropäische Verbündete gegen kriegstreiberische Feldzüge amerikanischer Aggressoren zumeist keinen Hehl. Wenn derlei auf Grund geratene Vergangenheitsbewältigung allerdings Auswertung auf der großen Leinwand erfährt, ist rasanter Budenzauber vorprogrammiert. Zumindest dann, wenn der mitunter in stoischer Lethargie badende Kultregisseur Luc Besson („Leon – Der Profi“) das stimmig unstimmige Skript zusammenklamüsert. Und wenn sich die Realität schon nicht der hanebüchenen Handlungsuneinheit unterordnen will, so kredenzt sich der geneigte Filmemacher eben kurzentschlossen seine eigene Vorstellung von Logik. Die Berücksichtigung naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten von Oliver Dahans rasanter Fortsetzung des Erfolgsthrillers „Die purpurnen Flüsse“ zu erwarten, erwiese sich als entsprechend Fatalistisch. Denn ohne Rücksicht auf geistige Verluste trifft okkulter Mystery-Thriller auf knüppelharte Action, quasi Scully und Mulder auf John McLane.
Als ein junger Mönch in einem Kloster nahe der deutschen Grenze sein Kruzifix an die Wand der angeblich verfluchten Zelle 13 nageln will, beginnt das Mauerwerk auf unheimliche Weise Blut zu speien. Für die klerikalen Ordensbrüder ein waschechtes Wunder, bedarf es dem versierten Ermittler Niemans (Jean Reno, „Ronin“) nicht langer Dauer, um das rätselhafte Phänomen als irdisches Verbrechen zu entlarven: Eingemauert in der Wand findet sich der Leichnam eines Mannes. Doch bildet dieser lediglich den Auftakt einer bizarren Mordserie, welche sich eng an der Abfolge der biblischen Apokalypse orientiert. Zusammen mit seinem neuen Partner Reda (Benoit Magimel, „Das tödliche Wespennest“) und der Religionswissenschaftlerin Marie (Camille Natta, „Not for, Not against“) schickt sich Niemans an, das Geheimnis einer schier unbesiegbaren Gruppierung mordender Würdenträger zu durchleuchten. Und dann ist da noch der undurchsichtige Heinrich von Garten (Christopher Lee, „Der Herr der Ringe“), Leiter des deutschen „Ministeriums für religiöse und kulturelle Fragen“ in Berlin, der ein ganz eigenes Interesse an den Hintergründen des Falls zu haben scheint.
Wo alles verzehrende Wassermassen einen freundschaftlichen Gang zurückschalten, um den tapferen Recken einen komfortablen Vorsprung an rettende Ufer zu ermöglichen, wird lapidar eingestreuter Nonsens zum wesentlichsten Bestandteil des Gesamtkunstwerkes. Wo in fröhlich feixender Runde auch eine Woche nach ihrer Einmauerung noch Lebenssaft spendende Leichen die Runde machen, sind gerunzelte Stirnregionen obligatorischer Zaungast des unfreiwillig komischen Sehvergnügens. Wo ein potentielles Opfer per Supermarktüberwachungssystem von gerade zwei Ermittlern bei wissentlicher Übermacht der mordgierigen Kuttenträger vorhersehbar erfolglos beschützt wird, verkommt fahrlässige Unplausibilität zum primären Trash-Garanten. Mit Ruhm hat sich Luc Besson bei der schludrig konzeptionierten Ausarbeitung des Drehbuchs wahrlich nicht bekleckert. Statt dessen demontiert der einstige Meisterregisseur das eigenhändig erschaffene Denkmal im Orkus der Filmhistorie nach Leibeskräften, schafft nach produzierten und erdachten Genrebeiträgen des tumben Kalibers „Kiss of the Dragon“ oder „The Transporter“ jedoch zumindest eine gewisse Kontinuität anspruchslosen Action- und Thriller-Einerleis.
Offenbarte Matthieu Kassovitz‘ Erstling sein muffiges Appeal überproportionierter Banalität erst in der verschneiten Auflösung, pocht Oliver Dahans („Ghost River“) temporeiches Sequel unverzüglich auf pure Idiotie. Logik wird bei „Die purpurnen Flüsse 2″ nicht nur emsig mit Füßen getreten, sondern in überraschend blutigen Actionszenarien gekreuzigt, flambiert und von Projektilen perforiert. Im Soge allgegenwärtigen Unfugs kann man dem wohl inszenierten Reißer enormen Unterhaltungswert kaum absprechen, kaschiert der hochstilisierte Edel-Trash die Unterlegenheit nachvollziehbarer Strukturen doch höchst passabel mit hektischer Kamera, düsterer Optik und spannungsschürender Sequenzen. Die soliden Akteure um den wortkargen Jean Reno kämpfen sich durch eine wirre Story, die sich im kruden Schlussdrittel gar bei religiösen Artefakten und geheimen Naziexperimenten bedient. Wer also Logik als durchaus verzichtbares Gut bei der Erweiterung seines Filmhorizontes definiert, der liegt hier goldrichtig. Aber auch nur der!
Wertung: (5 / 10)